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Carl Sax.
zucht liefert viel Wolle, Felle und Ziegenhaare. Die Induftrie ift unbedeutend, doch
erwähnenswerth in Maroquin- und Safianleder, Baumwoll- und Seidenmanufadtur.
Die Einwohner Kurdiftans find Kurden, Armenier, Türken, Araber und
Syrer, auch ziemlich viel Juden, im Ganzen etwa eine Million Seelen. Die wich-
tigften Ortfchaften find: Diarbekir am oberen Tigris, befeftigte Vilayets-Haupt-
fladt, mit wahrfcheinlich 35- bis 40.000 Einwohnern, einft wichtig durch Baum
woll- und Seidenweberei, aber jetzt in diefem Zweige fehr herabgekommen, und
nur noch durch die Fabrication von Maroquin bedeutend ; A r g h an a mit kaum
3000 Einwohnern, mit dem fünf bis fechs Stunden entfernten, höchft wichtigen
Bergwerke Arghana-Maad^n oder Maaden-Kapur, welches, wie oben
erwähnt, bei 700.000 Pfund Kupfer liefert, und die Kupferfchmiede von ganz
Oftanatolien, befonders die von Tokat, mit Kupfer verforgt, wefshalb diefes Metall
irriger Weife oft als Kupfer von Tokat bezeichnet wird; Charput, Kreis-Haupt
ftadt mit 9- bis 10 000 Einwohnern, etwas Gerberei und Seidenmanufadtur ;
Kj e b an-M aa d e n am Euphrat mit nur 2000 bis 2500 Einwohnern, aber wichtig
durch fein Silber-Bergwerk, welches bei dem läffigen Betriebe jährlich ungefähr
13.000 Pfund Blei, 100 Pfund Silber und 130 Pfund Galmei liefert; ferner die Städt
chen M al atij e, A dj am an und Behefny im Werten des Euphrat-Thaies mit je
9- bis 10.000, und Mar di n zwifchen Tigris und Euphrat mit 12- bis 15.000 Ein
wohnern, dann am Tigris die Kreis-Haupftadt (nicht auch Vilayets-Hauptftadt)
M offul mit 20- bis 40.000 Einwohnern, mit Baumwoll-Manufacrtur, Sammt- und
Teppichfabrication und Induftrie in Eifen und Kupfer; füdlich in den örtlichen
Grenzgebirgen die Städtchen: Revandus (Rowandis) und S u 1 e i m a n i e, und
näher gegen den Tigris E r b i 1, A11 y n-K ö p r y und Kerkuk, alle mehr wegen
des Handels mit Rohprodukten, als wegen ihres Gewerbefleifses erwähnenswerth.
Gebaute Strafsen gibt es in Kurdiftan nicht; aber wichtige Karawanen
wege gehen von Mofful einerfeits nach Bagdad, anderfeits nach Aleppo, fowie
auch über Diarbekir nach Kleinafien (auch Poftftrafse), und der Tigris wird fclion
von Diarbekir abwärts mit Flöffen befahren.
Das mefopotamifche Tiefland.
Diefes ausgedehnte Gebiet erftreckt fich von den kurdifchen Bergen bis an
die Wüften von Syrien und Arabien und bis an den perfifchen Meerbufen
und umfafst den unteren Lauf des Tigris (Didfchle oder Schatt) und den
unteren und halben mittleren Lauf des Euphrat (Frat), fowie den vereinigten
Schatt-el-Arab, mithin den gröfsten Theil des Vilayets von Bagdad und das
zum Vilayet von Alep gehörige Sandfchak von Urfa. Von Bergen find nur
der Dfchebel-Hamrin und der Pufchty-Kjuh als Grenzgebirge, erfterer gegen Perfien
und das Sindfchar-Gebirge als ifolirt im nördlichen Tieflande zu erwähnen. Das
Flachland zwifchen dem Tigris und Euphrat ift mit Ausnahme einiger Sandflächen
im Weiten nicht eigentlich eine Wüfte, fondern eine Steppe, nur der Baumwuchs
fehlt dafelbft. An den beiden grofsen Flüffen ift der Boden bei ihrem Zufammen-
flufle fumpfig, im Uebrigen aber fruchtbar und trägt auch Palmenwälder (welche
jährlich Datteln für 14 bis 15 Millionen Piafter zur Ausfuhr liefern); Cerealien
gedeihen in Menge; die Quantität kann nicht angegeben werden, reicht aber nicht
nur für den Localbedarf, fondern auch zur Ausfuhr hin. Gebaut werden: Weizen,
Geirfte, Hirfe, Linfen, Bohnen, Reis, Gurken, Melonen, Tabak, Hanf, Krapp,
Sefam, der Weinftock und die Baumwollen-Staude; es wachfen ferner aufser den
Dattelpalmen : Maulbeer-, Oliven-, Granat-, Nufs-, Feigen-, Pflaumen-und Aprikofen-
bäume, Myrthen-, Citronen-, Orangenfträuche etc. Am Tigris entlang finden fich
Naphtaquellen. Die Viehzucht wird lebhaft betrieben, Schafwolle und Pferde, auch
Kameele gelangen in Menge zur Ausfuhr (Schafwolle jährlich im Werthe von circa
2 Millionen Piafter, Pferde und Kameele für 3 bis 4 Millionen); auch das fett-
fchwänzige Schaf ift vorhanden.