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Dr. Wilhelm Friedrich Gintl.
kehrte die ihr von der Wiffenfchaft geworden waren. Nachdem man fich feit 1815,
in welchem Jahre zuerft die von Chancel in Paris (1805) erfundenen Tunk-Feuer-
zeuge von Berlin aus eingeführt wurden, mit dem Gebrauche diefer etwas compli-
cirten Feuerzeuge gequält hatte, traten im Jahre 1832, kurz darauf, als Trevany in
Wien feine mit einer Zündmaffe aus chlorfaurem Kalium, Schwefelantimon und
einem Bindemittel verfehenen Reib-Zündhölzchen erfunden hatte, die erften Phos
phor-Zündhölzchen auf.
Wem das Verdient! zukommt, die Derosne’fche Idee, den leicht entzünd
lichen Phosphor als Zündmittel zu verwenden, in die Praxis eingeführt zu haben,
darüber ift nichts Beftimmtes bekannt und nur foviel ift gewifs, dafs Reib-
Zündhölzchen mit Phosphor-Zündmaffe nahezu gleichzeitig in verfchiedenen
Ländern auftauchten.
Die erften derartigen Reib - Zündhölzchen, welche in den Handel
kamen, dürften wenigftens auf dem Continente jene gewefen fein, welche (1832)
J. L. Kämmerer in Ludwigsluft fabricirte, während man in England faft zur gleichen
Zeit den Befitz eines ähnlichen Produktes John Walker verdanken zu müffen
claubte. Im Jahre 1833 ftellte auch Dr. Moldenhauer in Darmftadt dergleichen
Zündhölzchen her und ein Jahr fpäter befafsten fielt in Wien bereits drei Zünd
hölzchen-Fabrikanten (St. Römer, L. Prefchel und Sigel) mit der Erzeugung von
Phosphor-Zündhölzchen, während fich in Paris Madame Merkel um die Einführung
der neuen Errungenfchaft bemühte. Diefe Erftdings-Phosphorhölzchen hatten
indefs noch wefentliche Mängel.
Der hohe Phosphorgehalt ihrer Zündmaffe im Vereine mit der zur Unter-
flützung des Verbrennungsproceffes gegebenen Zuthat an chlorfaurem Kalium
bedingten neben der allerdings zum Theilebeabfichtigten leichten Entzündlichkeit
derfelben auch einige Gefährlichkeit diefer neuen Feuerzeuge.
Diefe durch vorgekommene Explofionen, bei unachtfamem Gebaren in der
Fabrication der Zündmaffe, fowie durch bekannt gewordene Fälle' von fchweren
Verletzungen in Folge zufälligen Abfpringens der Zündmaffe beim Gebrauche folcher
Zündhölzchen mehrfach dargethane Gefährlichkeit derfelben, war es auch, welche
der allgemeineren Verbreitung derfelben wefentlich abträglich war und es gab
f 0 <rar Länder, deren Regierungen in zarter Fürforge für das Wohl derUnterthanen
die Erzeugung und den Verkauf diefer Zündhölzchen geradezu verpönten.
So wäre wohl der neuen Induftrie gar bald der Lebensfaden abgefchnitten
worden, wenn nicht im Jahre 1837 der Wiener Zündhölzchen-FabricantL. Prefchel,
in Verfolgung des bereits zwei Jahre vorher durch Trevany angebahnten Fort-
fchrittes, im Erfatze des chlorfauren Kaliums der Zündmaffe durch Blei-Superoxyd
und fpäter (1S40) durch ein weniger koftfpieliges Gemenge diefes mit falpeter-
faurem Blei, das Mittel gefunden hätte, die Zündmaffe weniger leicht entzündlich
und explofiv, mithin aber auch minder gefährlich zu machen.
Damit war der von nun an rafch emporblühenden Zündhölzchen-Induftrie
der Weg geebnet und die nunmehr noch vonBöttger, Wagner und Anderen
gebrachten Vorfchläge, das chlorfaure Kalium durch billigere Oxydationsmittel,
wie Salpeter, Braunftein oder Kaliumbichromat, Barytnitrat u. f. w. zu erfetzen,
konnten, foweit fie überhaupt brauchbar waren, nur den Werth haben, dafs fie
gleich dem von Dr. Moldenhauer (1839) zuerft verfochten Erfatze des koftfpieligen
arabifchen Gummi als Bindemittel für die Beftandtheile der Zündmaffe, durch
Leim, dem Prefchel (1843) mit Erfolg das Dextringummi fubftituirte, auch ein
billigeres Produdt zu liefern und den Preis desfelben, der fich um die Mitte der
dreißiger Jahre noch auf 4 bis 5 Kreuzer Conventionsmünze per Schachtel (50 bis
60 Stück) belief, um etwa 25 Percent zu reduciren geftatteten.
Aber es gab noch manche Schwierigkeit zu überwinden. Bei der Höhe des
Phosphorgehaltes der Zündmaffen, die 30 bis 50 Percent betrug, war der leicht
oxydirbare Phosphor vor einer, wenn auch nur allmälig fortfehreitenden Oxydation
nicht genügend gefchützt. In Folge derfelben ftellten fich zwei wefentliche Uebel