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Volltext: Der Zeichnen- und Kunstunterricht (Theilbericht der Gruppe XXVI), officieller Ausstellungs-Bericht

Der Zeichen- und Kunftunterricht. 
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im Ornamente ift in diefen höheren Schulen zwar noch nicht mit dem Her 
gebrachten gebrochen,’ ^ das Rococo treibt noch fein heiteies Spiel in ziemlich 
ausgelaufenen Variationen und hat fich befonders in der Schule Levaffeur’s 
noch erhalten. Neben diefem tritt aber fchon mit ziemlicher Entfchiedenheit die 
Renaiffance in das Feld und kommen mit den Vorbildern der claffifchen Archi 
tektur auch deren ornamentale Motive zur Anwendung. Weit näher dei Antike 
hält fich das figurale Zeichnen. In der Figur haben die Franzofen überhaupt nie 
io ausgeartet wie im Ornamente und ihre Vorliebe für antike Formgebung befon 
ders in der Plaftik ift charakteriftifch. Der Vortrag ift im Zeichnen zwar durchgehends 
malerifch, dabei aber die Modulation keineswegs vernachläffigt und ift ftets das 
Streben nach vollendeter Täufchung wahrnehmbar. Das Gefühl für Licht und 
Schatten ift in den franzöfifchen Schulen in viel höherem Grade erzogen, als in 
dei deutfchen, in welchen das Hauptgewicht auf die Durchbildung der Form 
gehgt wird und der eigentlich malerifche Effecft hintangefetzt bleibt. Die deutfchen 
Gypszeichnungen haben ein plaftifches Ausfehen, aber die Schatten find meift 
jinwihr im Ton und übertrieben fchwarz. Schon in der Wahl des Papiertones find 
die Tranzofen feinfühlender und kommt es nie vor, dafs auf Papieren gezeichnet 
wird, deren Localton nicht mit dem Ton des Objeöles übereinftimmt. 
Die Adlftudien zeigten eine fcharfe, individuelle Auffaffung bei gutem Ver- 
ftändnifs der Anatomie. Sehr lobenswert waren bei Lequien (fils) die gepflegten 
Uebungen in Croquis nach dem lebenden Modelle ; die Stellung des Actes wird 
nach je zwei Stunden gewechfelt und haben die Schüler in diefer Zeit die Natur 
fo fertig wie möglich aufzufaffen und darzuftellen, ein jedenfalls piaktifcherer 
Weg für das Studium derfelben, als die minutiöfe Ausführung derObjedte, welches 
in den deutfchen Kunftfchulen noch fo häufig Mode ift. - 
Es bleibe hier nicht unerwähnt, dafs die neuen, oben befprochenen V or- 
lagewerke in den Municipal-Zeichenfchulen allgemein mit den beften Eifolgen 
in Verwendung ftehen und mit Julien das Feld geräumt ift. 
Im /rchitekturzeichnen waren von claffifchen Motiven griechifche Säulen 
und Tempel ausgeftellt; auffallend wenig aus der italienifchen Renaiffance. Das 
Meifte, was in Fa$aden gezeichnet wird, ift der franzöfifchen Prunkzeit entlehnt 
oder hält fich an die nüchternen ProducTionen der Neuzeit. Dagegen florirt das 
eigentlich conitrudtive Zeichnen in allen Branchen und vorzüglich imMafchinenfach. 
Modellharbeiten hatten nur die genannten Schulen Lequien und 
Levaffeur exoonirt. Es waren Figurenreliefs nach der Natur und der Antike, 
die durchwegs malerifche Behandlung zeigten; auch Renaiffance - Ornamente, 
Büften etc. Die felbftftändigen Compofitionen bewegten fich noch vielfach im 
Barokftil. Die Schule Levaffeur’s hatte auch Pflanzen, nach der Natur modellirt 
iin Gyps und Wachs), vorgelegt. 
Gute Zeichnungen waren ferner ausgeftellt von der ecole de deffin de nie 
St. Bernhard 20, ecole de nie d’Algire und von der ecole d’avenue d Italie. Unter 
den weiblichen Municipal-Zeichenfchulen glänzte die unter der Leitung dei 
Madame Levaffeur flehende zumeift in Blumenftudien, aber auch mit ganz 
gediegenen Figuren und Ornamenten. Diefer Schule kamen zunächft die vom 
V. und XVI. Arrondiffement. 
Die ecole de deffin“ der „manufadtur national des gobelins hatte fehr 
intereffante Zeichnungen und Gobelinftudien ausgeftellt. Die Schule ift von den 
Profefforen Limas und Maillard trefflich geleitet und wird dafelbft vorzugsweife 
das figurale Fach und das Blumenftudium gepflegt. 
* In denselben Schwanken befinden fich auch gegenwärtig die für kunftinduftrielle 
Zwecke arbeitenden Deffinateurs. Die Aufteilung derfelben befand fich in der fudlichen Quer- 
gallerie der franzöfifchen Abtheilung. V. Diimont, Pngnot, J. DubuifiTon coquetti.en noch a e 
mit dem Stile der Zeit Ludwig XV. 1 zu edleren, fetteren Formen halt fich fchon Edan. J. Gonelle 
und Charles Francois bleiben in ihren Shawldeffms unübertroffen.
	        
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