74
J. Langl.
Urtheile auch in der Prelle erhalten. Sehr inftructiv ifl bei den mathematifchen
Körpern die Unterfcheidung der Grundform von der verwandelten Figur durch
die Farbe, was die Anfchauung wesentlich erleichtert. Nur dürfte für den Claffen-
unterricht der Mafsftab, in welchem die Modelle gehalten find, etwas zu klein fein.
Von dem Verfertiger waren auch Holzmodelle und Perfpeclivapparate ausgeftellt.
Von F. Li cot, dem Director der Zeichen- und Modellirfchule zu Nivelles,
lag (in Wandtafeln) ein „Cours de deffin lineaire ä vue, bafe für la geometrie“
vor, in welchem die Elemente der Formenlehre erft mit dem Freihand-Zeichnen
zufammen genommen werden, an welches fich dann Proje<ftionszeichnen und
Ornamentenzeichnen anfchliefst. Der Verfalfer hält die Elemente des freien
Zeichnens mit denen des linearen noch vereinigt, wo eigentlich die Trennung
von felbfl fchon vor fich geht und läfst in feinem Werke in bunter Reihenfolge
Blätter nach der einen und der anderen Richtung folgen, was unferem Erachten
nach für beide Disciplinen nicht von Vortheil fein kann. Für das Studium der
Perfpective ifl F. Boffuet’s „Refutne du traite de perfpective lineaire“, was
fyflematifche Anordnung und Klarheit der Zeichnungen betrifft, als ein ganz
gediegenes Werkchen zu verzeichnen.
Wenn wir noch einen Blick nach der anftofsenden Ausftellung der belgi-
fchen Buchhändler werfen, fo haben wir für unferen Zweck Ch. Claefeus
(Lüttich) Verlag von PracHtwerken für Kunft. Archäologie und Kunftinduftrie zu
notiren und das in Brüffel (heftweife) erfcheinende Werk von C. Coli net und
So ran „Requeil des reftes de notre art national du XI a XVI si£cle~ feines
intereffanten Inhaltes wegen zu erwähnen.
Schweden und Norwegen.
Wer die freundlichen Räume des fchwedifchen Schulhaufes auf der Welt
ausftellung befuchte. konnte wahrnehmen, dafs dem Anschauungsunterrichte in
diefem Lande im reichften Mafse Rechnung getragen wird. Es fanden fich bildliche
Darftellungen für die Naturgefchichte, Charakter- und Zonenlandfchaften für die
Geographie, Modelle für die Geometrie etc., kurz jeder Gegenftand hatte, fo weit
es die Möglichkeit erlaubte, feine Objecte zur Illuftration. In dem richtigen Werth-
fchätzen diefer Mittel wird dann auch für das Zeichnen, durch welches ja das Auge
Sehen lernen“ mufs, Sorge getragen und war das Beftreben, einen zweckmäfsigen
Zeichenunterricht durchzuführen, fchon aus den Wandtafeln, welche ebenfalls
im genannten Schulzimmer aufgehängt waren, wahrnehmbar.
Das verhältnifsmäfsig arme und wenig bevölkerte Land befitzt keinen
befonderen Industriezweig, in welchem die Form eine bedeutende Rolle fpielen
könnte; mit Ausnahme der alten Fayence- und Porzellanfabriken (auf der Aus
ftellung durch ..Guftavsberg“ und .Börftrand“ repräfentirt forgt die übrige
Induftrie nur für die Bedürfniffe des Landes, welches jedoch in Bezug auf
Luxusartikel und dergl. fich in zu befcheidenen Grenzen hielt, als dafs bis zur
Gegenwart fich in den Formen ein nationaler Charakter gebildet hätte. Rühmens
werth find aber die Beftrebungen der Regierung, die Volksbildung felbft in den
entlegenften Bezirken durch Schulen zu heben, und wurde ein deutliches Bild von
dem gegenwärtigen Stande des Volks- und Mittelfchulwefens in zwei eigens für
die Weltausstellung verfafsten Berichten vorgelegt- Lobend mufs ferner anerkannt
werden, dafs von der Regierung Sorge getragen war. auf dem Platze auch mündlich
nach jeder Richtung Auskunft zu ertheilen. die leider bei den Unterrichtsau-—
ftellungen anderer, felbft hervorragender Staaten oft trotz aller Bemühungen für
den Berichterftatter nicht zu erreichen waren.
Mit der Geometrie und dem Linearzeichnen wird fchon in der Volksfchule
begonnen; felbftverftändlich ift aber der Gegenftand nicht allgemein einfuhrbar.
da es unter den 752S Unterrichtsanftalien 1145 ambulante gibt, die im Jahre zwei
bis vier Maiden Ort wechfeln. um in den ärmeren Gegenden des Nordens die Kinder