Allgemeine Bewaffnung und Art illeriewefen.
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aufzutifchen vermöchten; auch könnte man uns dann und nicht mit Unrecht den
Vorwurf machen, für die Propagirung etwaiger Lieblingsanfichten das officielle
Gewicht des Ausftellungsberichtes benützt zu haben.
Obgleich wir, wie jeder Militär, dem das Wohl feines Landes und die Ehre
feines Standes amHerzen liegen, unfer eigenes, und zwar ziemlich fcharf umfchne-
benes Urtheil über die verfchiedenen Zweige des Waffenwefens, fowie über deffen
wahrfcheinliche fernere Ausbildung und Bedeutung uns gebildet haben, fo halten
wir uns nach dem Früheren zur Zurückhaltung desfelben umfomehr verpflichtet, da
wir doch nicht die genaue und vollftändige Kenntnifs all er jener Bedingungen
befitzen, welche das Durchgreifen der einen oder anderen Idee in den verfehle-
denen Heeren beeinflufsten, aus welchem Grunde wir endlich auch das Vorgehen
der einzelnen Staaten in richtigem Mafse kaum zu würdigen vermöchten.
Diefs hindert aber nicht, dafs wir über jene Objeöle, über welche bereits
beftimmte und authentifch dargelegte Erfahrungen beftehen, fowie über dieCon-
fequenzen, welche aus letzteren insbefondere im Hinblick auf die öfterreichifchen
Verhältniffe ganz unzweifelhaft zu ziehen find, jenen Meinungen Ausdruck
geben, welche einestheils fchon Eigenthum einer überwiegenden Majorität find,
anderntheils aber gewiffermafsen Axiomen gleichen, gegen welche ein Ankämpfen
füglich nicht mehr zuläfüg ift. ,
Refumiren wir z. B. das im Fache der Hand-Feuerwaffen von der Aus
heilung Gebotene, fo ergibt fleh aus demfelben der unabweisbare Schlufs, dafs
Feuerfchnelligkeit, Tragweite, S chuf s p r ä c i f i o n und Flugbahn-
Rafanz der Gewehre noch immer jene Gebiete bezeichnen, auf welchen die
Vervollkommnung der bisherigen Waffen angeftrebt wird, und dafs Staaten,
welche gegenwärtig an der Neubewaffnung ihrer Heere arbeiten, wie Preufsen
und Frankreich, in allen diefen Punkten ein höheres als das bisherige Mafs zu
erreichen fliehen. _ . „ TT . - i ,
Fafl alle auf der Aufteilung gewefenen Proje&e von Hinterladungs
gewehren zeigten das Bemühen, die Ladegriffe zu vereinfachen um
dadurch den Schützen in den Stand zu fetzen, eine möglich!! grofse Zahl an
gezielten Schliffen in der kürzeften Zelt abzugeben Ein Beweis, dafs die gegen
wärtige Feuergefchwindigkeit den Tadliker noch nicht befriedigt, deren Steige
rung dem Techniker jedoch möglich erfcheint. Mit Rückficht darauf lafst fleh
daher auch fagen dafs in den nächften Kriegen das Schnellfeuer der Infanterie
eine noch bedeutendere Rolle als in den Jahren 1866,1870 und i8 7 ifpielen werden.
Eine fpätere Folge diefer Bemühungen wird die V er all gerne inung des
Repetirgewehres, des Prototypes der denkbar möglichften Feuerfchnelligkeit
fein Hat auch die Aufteilung felbft aufser den fchon bekannten Repetirfyftemen
und'dem neu hinzugetretenen Fruhwirth’fchen Gewehre in diefer Beziehung einen
eklatanten Fortfehritt gerade nicht producirt, fo ift der Grund hievon wohl haupt-
fachlich in der Kürze der Zeit zu fuchen, die feit dem Inslebentreten der jetzigen
Svfteme erft verftrichen, dann aber auch darin, dafs dieFrage derRepetirgewehre
fleh eben überall noch in der Ventilirung befindet. Es hat übrigens fchon das
im Laufe des heurigen Sommers bekannt gewordene Gewehr des amerikamfchen
Capitäns Meigs (50 Schufs in weniger als einer halben Minute) gezeigt, welch
weites, aber erreichbares Ziel der Waffentechnik auf diefem Wege noch
geftecktfft ^ alfo . ohne Furcht vor einem Dementi Seitens der kommenden
Ereigniffe das Repetirgewehr die Waffe der Zukunft nennen. Bis
wann ein folches Gemeingut aller Armeen fein wird, lafst fleh allerdings nicht
fagen • riefige Geldmittel, die nicht überall und jederzeit zur Verfügung ftelien.
werden dazu erforderlich ; für fehr wahrfcheinlich halten es wir aber, dafs eine
theilweife Einführung von Repetirgewehren, etwa für befondere Truppenkörper,
vielleicht fchon in naher Zeit ftattfinden dürfte, wozu es freilich am bellen wäre,
nicht erft den ftofsartigen Impuls eines Krieges abzuwarten.