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J. Schwerdtner.
Auch foll hier an diefer Stelle nicht unberührt gelaffen werden, dafs man
bei der Beurtheilung der Medaillenarbeiten von Seite der Jury wie der Aus-
ftellungs-Commiffionen nicht recht im Klaren war, ob der Medailleur in der Kunft-
halle oder in der Gruppe XII, graphifche Künfte, untergebracht und beurtheilt
werden foll. Wir fallen nämlich die fonft in Gruppe XII ausgeftellten Cameen-Gra-
virungen auch in der Kunfthalle (Italien), kunftvolle Flachgravirungen ebendafelbft,
während diefe beiden Branchen in Frankreich und Deutfchland unter den Gold-
waaren , in Oefterreich aber in der Gruppe XII erfchienen. Wir fallen in der
Kunfthalle (Italien) Medaillen, ausgeftellt von H. Bianchi und Pierrone in
Rom, welche der Beurtheilung der Gruppe XII unterworfen und mit dem Aner
kennungs-Diplome ausgezeichnet wurden, während die Ausfteller anderer Länder
mit der Kunftmedaille ausgezeichnet erfcheinen.
Bianchi in Rom war einer der bedeutendften Architektur-Medailleure,
welcher in Paris 1867 mit feinen auch hier ausgeftellten Arbeiten: Innere Anficht
der Peterskirche und der Bafilika etc., die Aufmerkfamkeit der Befucher der Au
fteilung auf fich lenkte.
Die in einer entlegenen Ecke der Kunfthalle untergebrachte Kupferftich
Ausftellung Englands hat auch die Medaillenausftellungvon A. B. und J. J. Wyon
und G. Adams und F. Morgan gaftlich aufgenommen. Von Erfterem fallen
wir nicht nur vorzüglich gravirte Medaillen in grofser Anzahl mit Porträts,
allegorifchen Figuren und Wappen, fondern auch diverfe Abdrücke der grofsen
Staatsfiegel von England, die Königin Vitftoria zu Pferde, die Königin thronend
zwifchen der Justitia und Religion; das Staatsfiegel von Canada und die beiden
Abdrücke der Siegel Sr. k. Hoheit des Prinzen Wales. Diefe Siegel find im
altgothifchen Stile gravirt, von aufserordentlicher Schönheit und fanden nicht
ihres Gleichen auf der Ausftellung. Die beiden letztgenannten Medailleure zeigten
diefelbe vorzügliche Schule.
Das deutfche Reich hat fich verhältnifsmäfsig wenig an der Ausftellung
betheiligt. Wir fahen nur von S chni tzfp ahn, Profeffor in Darmftadt, fchöne
Modelle von Gypsabgüffen und Medaillen in Bronce, und von Weigand in
Berlin Medaillen in fchöner, reiner Arbeit, welche den erfteren Arbeiten nicht viel
nachftehen.
Belgien hat im Medaillenfache bedeutende Vertreter in der Kunfthalle in
Charles Wiener, Lepold Wiener und Jaques Wiener, Letzterer mit vor
züglichen Architektur-Gravirungen das Auge des Befchauers feffelnd. E. Geerts
hat neben Broncemedaillen auch Porträts in Marmor gemeifselt zur Ausftellung.
gebracht, welche erwähnt zu werden verdienen.
Die Schweizer Abtheilung brachte die Arbeiten von Bowy, einige fchöne
Modellirungen und die Reduktion derfelben auf Medaillen mittelft der Mafchine.
Frankreich war feinem Ruhme nach fchlecht und fchwach vertreten.
Alphee Dubois war dort der bedeutendfte Vertreter und hatte Abgüffe und
Modellirungen und die Reduktion auf Medaillen mit der Mafchine.
Bei diefer Gelegenheit fei einer Erfindung gedacht, welche im Stande ift,
einen ungeheuren Umfchwung in der Medaillengravirung hervorzurufen. Vor
zehn Jahren wurde in Frankreich eine Mafchine erfunden, welche die bekannte
numismatifche Reducftionsmafchine und die Siegel-Bohrmafchine vereinigte und
fomit eine hart in Metall gegoffene Modellirung auf die Stahlftanze übertrug und
die Stichelführung der Hand beinahe gänzlich entbehrte. Seit der letzten Parifer
Ausftellung, auf der diefe Mafchine exponirt war, hat diefe Mafchinengravirung in
vielen Staaten Eingang gefunden und wurden mir folgende Daten bekannt:
Wyon in London, Alphee Dubois, F. Kertopy und E. F e r r e t in
Frankreich, Bowy in der Schweiz. Schwenzer, derzeit in Wien, Schnitz
fpahn in Darmftadt, Schiller in Stuttgart bedienen fich mit Erfolg diefe
Mafchine. Es ift dem Schreiber diefer Zeilen unbekannt, ob die kaiferliche Münz
im Befitze diefer Mafchine ift; die Arbeiten der Wiener Medailleure aber find Hand