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J. Schwerdtner.
Die Emailarbeiten der Japanefen, welche heute noch gerechtes Auffehen
erregen, find in derfelben Manier (Zellenemail) gearbeitet und find in ihrer
Art vollkommen.
Aus dem Beftreben, Gravirungen mit Email auszufüllen, um die Zeichnung
derfelben Achtbarer zu machen, entftand auch die taufchirte Arbeit, eine von den
vielen Abzweigungen des Gravirens, welche fich jedoch nur darauf befchränkt,
edle Metalle in unedle, z. B. Gold und Silber in Eifen, einzulegen. Diefes Verfahren
wurde hauptfächlich zur Verzierung vonWaffen angewendet und blühte im Mittel-
alter und zu Anfang der Renaiffance.
Neben der Erzeugung der taufchirten Gravirung, blühte zur felben Zeit
die getriebene Arbeit. Die getriebene Arbeit ift eine eigene felbflftändige Kunft-
fertigkeit, welche fich die Aufgabe geftellt, aus flachem Blech, gleichviel ob von
edlem Metall oder von Eifen, Figuren en basrelief oder auch haut-relief mittelft
des Hammers und eines Werkzeuges, Punzen genannt, aufzutreiben. Man braucht
nur bei diefen Arbeiten an Benvenuto Cellini zu denken, um den künftlerifchen
Werth diefes Faches zu ermeffen.
Ein neuer Zweig des Gravirens wurde im XV. Jahrhunderte von Johannes
Guttenberg ins Leben gerufen, und zwar die Gravirung der Original-
Lettern in Stahl für den Schriftgufs, und als Abzweigung entftand der heute in
Gebrauch flehende Farbdruckftempel mit feftftehenden, erhaben gravirten Let
tern. Die folgende Abzweigung ift der Schriftgufs in Meffing für den Gebrauch
der Buchbinder, um zufamm engefetzte Schriften inGold aufBuchdecken zu drucken.
Bis zum XVII Jahrhunderte war die Gravirung von Petfchaften und die
Steingravirung in den Händen der Goldfehmiede. Ein Siegel aus diefer Zeit
(1610) im Befitze des Mufeums Francisco Carolinum in Linz hat folgende, dem
Auge kaum Achtbare Schrift an der Randgravirung: „Abraham Schwarz Gold-
fchmieder und Wappen Steinfehneider Conterfeter in Wax vnd Stackei“ A. E. 60,
nebenbei gefügt, die hefte Arbeit im Siegelfache und noch heute muftergiltig.
Bei Theilung der Arbeit ift nun in unferem Jahrhunderte, der Münz- oder
Medaillen-Graveur, der Cifeleur, der Goldgraveur für Bijouterie-Arbeit, derSiegel-
Wappen und Schriftgraveur, der Graveur für Email und der Steingraveur,
Arbeiter in einer Branche geworden, um den Anforderungen der Zeit gerecht
werden zu können. Mit dem fortfehreitenden Luxus hat die Zeit auch noch Glas
graveure, Guillocheure, Graveure für Buchbinder, Stanzengraveure für Prägung
von leichten Goldwaaren, Cameengraveure (Mufchelcameen), Schrift- und Stempel
graveure Chablonengraveure und Metallographen gefchaffen, welche, der Kunft
induftrie angehörend, auch nur fürKunftinduftrie-Etabliflements thätig fein können,
und dem herrfchenden Gefchmacke und der Mode ihre Arbeiten unterwerfen muffen.
Durchfchritt man die Räume der Wiener Weltausftellung, fo konnte man leicht
eine Menge von Gravirungen, welche theils der Kunftinduftrie unterthänig, theils
befonderen Zwecken für den täglichen Gebrauch dienen, treffen, neben anderen,
die reine Kunftwerke, und nur um der Kunft willen gefchaffen.
Um nun die verfchiedenen Bewegungen und Veränderungen, welche nicht
nur die herrfchenden Moden und der Luxus hervorbringen, genau verfolgen zu
können, erfcheint es geboten, jede Gravirungstechnik für Ach zu befprechen,
um jede Veränderung genau conftatiren zu können. Seit den Ausftellungen in
London und Paris hat Ach fo Manches zu Gunften der Kunftinduftrie geändert
und find die günftigen Refultate, welche die Ausftellungen hinfichtlich der
Gefchmacksveredlung hervorgerufen, aufser allem Zweifel. Wenn nun noch der
Einflufs hinzugerechnet wird, welchen die verfchiedenen Kunftgewerbe-Schulen
auf alle Zweige der Kunftinduftrie ausgeübt haben, fo wird man wohl begreifen,
dafs diefer Einflufs auch auf alle Zweige der Gravirung fich bemerkbar
macht, und allfeitig das Streben Befferes zu leiften und mit der ftillofen Vergan
genheit zu brechen, fühlbar ift; es daher nur einer gewiffenhaftenPflege des guten
Gefchmackes bedarf, um noch höhere Ziele zu erreichen.