Kind er-Spie lwaaren.
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leicht zerbrechliche Spielzeug. Lernt dabei das Kind feine Kraft und fein Bewufst-
fein üben, die wahrhaftig nicht zu früh entwickelt zu werden brauchen, fo lernt es
eben auch zerltören und endlich vergeuden.
Gleichbedeutend und dem Luxus der franzöfifchen Spieiwaare entfprechend
zeigte fich Frankreich wieder mit feinen lieh bewegenden und fingen den Vögeln
und feinen automatifchen Menfchen und Thiergeflalten. Die fingende Nachtigall,
der tanzende und brummende Bär, das freffende Häschen, Dinge, die heute auch
in Wien, Berlin und anderen Städten nachgemacht werden, das Trio der mufici-
renden Neger, die ihre Mulikmit Mienenfpiel begleiten, werden wohljedem Befucher
der Ausftellung aufgefallen fein. Den Namen des Spielzeugs mögen diefe Sachen
verdienen. Den Charakter deffelben haben fte nicht. Und zum Glücke verficherte
uns der Vertreter der Firma Bontems, dafs all’ die Dinge mehr von Grofsen für
Grofse, als für Kinder gekauft würden. Auch hat man es, was die Produ&ion
anbelangt, der künftlichen Mechanik wegen hiebei in der T.hat mit vereinzelten,
freilich eigenthümlich geartetenKunftwerken zu thun und nicht mit einem gewerb
lichen ProducT oder gar demProduft einer Maffeninduftrie. Wahren Spielcharakter
und im beften Sinne des Wortes hatten in der franzöfifchen Abtheilung nuf die
kleinen Puppenkäften, Wäfchcommoden und dergl. Wir können nicht leugnen,
dafs wir allenthalben gerade diefen Gegenftänden mit befonderer Vorliebe
gefolgt find.
Nichts kann, fofeheint es uns wenigftens, für die Heranbildung des Mädchen-
linnes, den Sauberkeit, Ordnungsliebe und Reinlichkeit als erfte gute Eigenfchaften
fchmücken, fo fehr beitragen, als das frühe Gewöhnen an den eigenen Schrank,
die beftimmte Schublade für Küchenwäfche oder Kleidungsftücke u. f. w. Man
fordert heute fehr viel vom weiblichen Gefchlechte, ja faft fo viel wie vom
Manne. Aber die Erziehung des weiblichen Wefens liegt noch allenthalben fehr
im Argen. Wenige * Menfchen wiffen, dafs für das Mädchen mehr als für den
Knaben das Spielzeug die erfte Erziehung bedeutet, weil man es eben durch das
Spiel erziehen kann und weil das Mädchen auch viel länger fpielt, als der Knabe
und in der That auch länger fpielen kann und foll, wenn es dabei lernt.
Dafs wir von all’ dem bei den mit Recht viel bewunderten und auf allen
Gebieten der Arbeit fo tüchtigen Japanefen und Chinefen Nichts bemerkten, hat uns
überrafcht und das Wenige , was wir fahen, wie gierig auch die Raritäten-
fammler darauf ftürzten, wahrhaftig nicht erfreut. Zumeift das, was man Puppen
nennt, die Figuren, nationalen Geftalten u. f. w., machten uns wenigftens einen
fehr widrigen Eindruck, und feheinen wenig geeignet zu fein, den Drang nach
fchöner Form und Farbenharmonie zu unterftützen. Wir nehmen dabei nur die
einzelnen Thiergeflalten aus, die nach ihrem Material ausgezeichnet, wir erinnern
an die aus feiner Seide erzeugten Kätzchen u. f. w., auch in ihrer Pofition fein
luftig und wirkfam, in ihren Formen aber wie die chinefifche und japanefifche
Zeichenkunft beengt und befchränkt erfchienen. Endlich können wir nicht leugnen
dafs die Ueppigkeit mancher Scenerie, zumeift der chinefifchen Puppen , uns,
wenn nicht bedenklich machten, fo doch wenigftens erftaunten. Doch fcheinen,
wenigftens nach den Preifen, die man den europäifchen Käufern in W ien machte,
die in China und Japan erzeugten Spielfachen nicht für die grofse Bevölkerung
der Länder beftimmt zu fein. Für die arbeitet Deutfchland und Oefterreich und
hat vor den englifchen Kanonen und vor dem Zwang zu Handelsverträgen der
deutfehe „Wurftel“, die deutfehe „Landfchaft“, das deutfehe „Küchengeräthe“ die
Häfen diefer Länder bereits erfchloffen.
Und dennoch fpringt uns eine Wahrnehmung fehr deutlich in die Augen.
Nirgends bei den Japanefen und Chinefen, nicht in ihren Kinderzimmern und
nicht in ihren Ausftellungen, ebenfowenig unter den hundert Püppchen und
Mannequins, — nichtPuppen, aber unzweifelhaft Vorbilder für Puppen, — welche
Indien ausgeftellt hatte, fand man das bei uns in Deutfchland und überhaupt auf
dem Continente fo beliebte Soldatenfpiel und den Soldaten. Man hat fo oft mit