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Ludwig Hartmann.
von vorzüglicher Arbeit aus Paris vorhanden, welche Schauftücke jedoch von der
Hand eines dort arbeitenden Wieners (lammen.
Die gefchnitzten Meerfchaumwaaren aus München beurkundeten eine noch
gröfsere Unkenntnifs der Behandlung des Rohftoffes. Dagegen kamen die Aus-
ftellungsgegenftände von Erlangen, welche jedenfalls die bedeutendften fremd-
ländifchen waren, die aber meift von Wiener Arbeitern flammen, einer mittleren
Wiener Waare gleich.
Die aus Preufsen ausgeftellten Bernftein - Schmuckgegenftände waren fehr
fchön bearbeitet und ift hiebei befonders das Material ökonomifch und fachkundig
verwendet. Dagegen hat Preufsen in Bernftein-Rauchrequifiten und Beftand-
theilen hiezu, nach 1867 mehr erzeugt als jetzt, und wird in diefem Artikel durch
die Wiener Concurrenz immer mehr zurückgedrängt.
Der Confum an Meerfchaum- und Bernftein-Waaren hat fleh von 1867 bis
1872 noch um 30 Percent gefteigert, und foll nach der allgemeinen Meinung
feinen Höhepunkt erreicht haben, was wir jedoch negiren, obfehon der Bedarf
mit Beginn des Jahres 1873 nachgelaffen hat.
Aber man kann beftimmt annehmen, dafs diefer Rückgang durch die
gegenwärtige allgemeine Gefchäftslage bedingt war, und dafs bei dem Wieder
erwachen des Handels auch diefer Induftriezweig fich neu beleben werde. Auch
lehrte die Erfahrung, dafs die Franzofen nach der Ausftellung 1855, bei welcher
ihnen das erfte Mal Gelegenheit geboten war, fchöne Meerfchaum-Pfeifen maffen-
haft zu fehen, den Pfeifen zu Liebe allgemein zu rauchen begannen, und es ift
daher nicht unmöglich, dafs durch den gleichen Eindruck bei vielen Taufenden
von Befuchern der Weltausftellung ein ähnliches Refultat erzielt werde.
In Schildpatt bot Frankreich in Porte-monnaies und Cigarrentafchen,
mit Gold und Silber eingelegt, ganz Vorzügliches. Alles überragend war freilich die
franzöfifche Bijouterie-Arbeit. Erfreulich war es auch zu conftatiren, dafs Wien,
welches noch 1867 nur unbedeutend in Schildpatt fabricirte, bei der gegenwär
tigen Ausftellung mit fehr fchönen und convenablen Artikeln vertreten war.
Befondere Aufmerkfamkeit erregten die glatten und gefchnitzten Fächer aus
Schildpatt, die auch faft durchwegs vortrefflich waren.
Auch Italien hatte fich mit einigen Kunftgegenftänden feiner Schildpatt-
Schnitzerei in die Reihe der Induftriellen geftellt. Die von Nürnberg ausgeftell
ten plattirten Manfchettenknöpfe waren weniger gut und hübfeh.
In Hornarbeiten waren von den Wiener Drechslern fehr fchön gear
beitete Pfeifenrohre, Pfeifen- und Cigarrenfpitzen ausgeftellt, die noch keiner Con
currenz durch andere Staaten begegneten.
Auch die bei Baden (nächft Wien) und Umgebung gepflanzten Weichfein zu
Pfeifenrohre waren befonders fchön und zahlreich vertreten, und zeigten einen
wefentlichen Fortfehritt in der Cultur derfelben, in welcher nur Ungarn mit Erfolg
concurrirte.
Dagegen waren die von den Wiener Kammmachern exponirten Horn- und
SchildpattTCämme wohl fehr gut gearbeitet, jedoch gegenüber den analogen
Fabricaten aus Deutfchland in Horn und aus der Schweiz in Schildpatt nicht
concurrenzfähig.
Eben fo verhält es fich mit den von den Wiener Bürftenfabrikanten aus
geftellten Bürften und Pinfein, die wohl gut gearbeitet und theilweife ganz vor
züglich find, jedoch immerhin nicht mit den bezüglichen Erzeugniffen Deutfch-
lands und Frankreichs rivalifiren können.
In Knochen- und Elfenbein-Artikeln kämpfte Deutfchland und
Wien mit faft gleichem Erfolge, obfehon nicht zu leugnen ift, dafs in Elfenbein-
Arbeiten Berlin hervorragender ift , weil Wien für gefchnittene Artikel wenig