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Volltext: Tapeten und Buntpapier (Gruppe XI, Section 2), officieller Ausstellungs-Bericht

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Dr. Wilhelm Franz Exner. 
Empfangsräumlichkeiten, welche trotz der zuvorkommenden Liebenswürdigkeit 
des Hausherrn ebenfo zu wenig gewürdigt wurden, als das ganze fehr zeitgemäfse 
Unternehmen. Diefe Salons waren überaus anziehend ausgeflattet. Mit gefchick- 
ter Benützung orientalifcher Motive und genauer Kenntnifs der morgenländifchen 
Kunft hatte im Aufträge H a r d t’s der Architekt M o n t a n i die Deffins zu den 
Tapeten entworfen. Die Firma Klo baffer in Wien beforgte die Ausführung. 
Die lapete mit tiefrother Grundfarbe und flilifirten Rofen, Granatblumen und 
lulpen war von prächtiger Wirkung, die Vertheilung von Gold und Farbe vor 
trefflich gelungen. 
Wir können nun wohl heute ebenfo wie im Jahre 1867 den Schlufs ziehen, 
dafs die öfterreichifche Tapeten-Induflrie in Beziehung auf Ausdehnung und 
Leifbungsfähigkeit eine würdige Tochter der deutfchen Manufaktur fei, Deutfch- 
land braucht fich unferer Rivalität nicht zu fchämen. 
Die kurzen nachfolgenden Notizen werden beweifen, dafs die übrigen 
Länder Europas nur wenige Etabliffements für diefes Fach befitzen, welche 
auf Beachtung von einem univerfellen Standpunkte aus Anfpruch machen können. 
Dafür gab die Wiener Weltausflelluug ein getreues Bild des fadtifchen Verhält- 
niffes. Die eine oder andere kleine Werkflätte mag ganz wohl eine locale Bedeu 
tung haben. 
Wir gehören nicht zu denjenigen, welche einen „Patriotismus“ (!) billigen, 
der fo weit geht, zu wünfchen, dafs in dem refpedtiven Vaterlande jede Induftrie 
getrieben werde, und damit diefs überhaupt möglich fei, der Exiflenz jeder Indu 
ftrie, die nicht ganz lebensfähig ift, durch thurmhohe Zollfchranken ein gefichertes 
Terrain zu fchaffen fei. Wenn z. B. Rufsland nach den dort herrfchenden natür 
lichen Verhältniffen nicht berufen ift, Tapeten zu produciren, fo foll es eben 
diefelben aus dem Welten Europas beziehen, und gegen andere Produdte um- 
taufchen. Die Tapetenmanufadtur ift freilich ein Gewerbe, welches fo ziemlich 
auf jedem Boden gedeihen kann. Sind Papier, Farbe und Arbeiter wirklich an 
einem Orte gleichzeitig theurer als an einem anderen, fo kann die Erfindung 
des Deffins alle diefe ungünftigen Umftände wett machen. 
Ich laffe nun einige Bemerkungen folgen, welche der Richtigkeit der 
obigen Vorausfetzung wenigftens nicht zuwiderlaufen. 
Schweden hatte zwei bemerkenswerthe Ausfteller von Tapeten, von 
denen einer auch in Paris auffiel. C. G. Mineur in Stockholm pflegt das Genre 
der Lederimitation mit viel Glück. Das Carton cuir repouffe, kann von folcher 
Widerftandsfähigkeit hergeflellt werden, dafs es als Möbelüberzug, nicht blofs 
zur Bekleidung der Wandflächen dient. Derartige Möbel waren in Paris zur 
Schau geftellt. In Wien zeigten Mineur und Andere recht gelungene Imita 
tionen von Stuccaturverzierungen. Worin die „eigene Erfindung“ befteht, welche 
Herr Mineur für fich reclamirt, vermag ich nicht zu entdecken. Ich finde 
keinen Unterfchied zwifchen den M i n e u r’fchen Erzeugniffen und jenen diefer 
Art von Du lud, Bai in, Seegersetc. 
Die bedeutendfte Firma in Schweden ift wohl C. A. Käberg in Stockholm. 
Vier Panneaux, von denen zwei ftiliftifche, zwei naturaliftifche Deffin hatten, 
ganz fauber ausgeführt, präfentirten die wohlrenommirte Fabrik neuerdings in 
vortheilhaftem Lichte. K ä b e rg hat fein Abfatzgebiet im Norden Europas und 
hält fich nicht nur gegen die deutfche Concurrenz, fondern vergröfsert ftets feine 
Produktion, deren dermaliger Werth fich per Jahr dreimal fo hoch ftellt, als 
anno 1867. Die Arbeiterzahl ift 90, im Jahre 1872 erzeugte die Fabrik 340.000 
Rollen lapeten. Von den in Wien ausgeflellten Tapeten gefiel mir befonders die 
blaue, auch die Bordüren verdienen Beifall, wenn fie gleich nicht ganz richtig 
verwendet waren. Die Objekte diefer Firma find in das Eigenthum des k. k. Han- 
delsminifteriums übergegangen. In dem meifterhaft redigirten ftatiflifchen Theile 
des officiellen Kataloges von Schweden findet fich indeffen eine etwas ungenaue 
Angabe. Es heifst dort, in Schweden erzeugten 15 bis 20 Fabriken im Jahre 1871
	        
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