Militärfanität und freiwillige Hilfe im Kriege.
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mit Lebensgefahr die Gallerie erklettern und fich dafelbft lagern. Diefes Ueber-
ladenwerden habe aber den doppelten Nachtheil, dafs die zwei vorgefpannten
Pferde die allzufehr vermehrte Laft nicht mehr fortzufchleppen vermögen und dafs
anderfeits der oben ftärker chargirte Wagen dem Umfallen leichter unterliege.
Was das Hinaufklettern der Bleffirten anbelangt, fo kann diefs allerdings möglich
fein bei niederen Wagen; huldiget man jedoch dem Principe, die Bleffirtenwagen
fo zu bauen, dafs möglich!! viel Verwundete aufgenommen werden können, dann
wird auch der Kaften relativ fo hoch, dafs das Hinaufklettern ohne Stiege zur
reinen Unmöglichkeit wird. Wichtig ift aber die Gallerie in der Beziehung, dafs
fie zuvörderft die Tragbahren und das kleine Gepäck der Verwundeten, an welchem
denfelben fo fehl* gelegen ift, weil es ihr ganzes Hab und Gut, kleine Andenken
an die Heimat, Correfpondenz etc. beherbergt — und die etwa mitgebrachten
\\ affen aufnehmen kann und auch dieFourage für die Pferde unterzubringen erlaubt.
Allerdings foll der Fouragewagen die Ambulanzen begleiten, allein wie oft trennen
he fich von einander, und wie wichtig ift zum rafchen Fortkommen das regelmäfsige
^'ouragiren der Pferde.
Bevor ich zum fpeciellen Theile übergehe, möchte ich nur über die innere
Einrichtung der Bleffirtenwagen im Allgemeinen erwähnen, dafs diefelben zur
Aufnahme von Sitzenden und von Liegenden eingerichtet fein follen. Die Sitzen
den als Leichtverwundete bezeichnen und he von derWohlthat eines gutenTrans-
portes ausfchliefsen zu wollen, wäre ganz und gar unrichtig, denn die fitzen
können, find oft fchwerer verletzt als jene, welche liegen müffen. Man ver
gleiche etwa nur eine Schufsfra<5!ur einer oberen Extremität, die dem Verwundeten
das Sitzen fehr wohl geftattet, mit einem leichten Streiffchuffe oder felbft einer
Contuhon der Hinterbacken, die das Liegen abfolut erheifcht. Für Sitzende mufs
dem Bleffirtenwagen die Form eines Omnibuffes gegeben werden, für Liegende
hingegen m ufs das Wageninnere leer fein und n u r jene Vorrichtungen behtzen,
welche die Aufnahme und die Befeftigung der Tragbahren ermöglichen. Aufklapp
bare Sitze machen beide Verwendungsarten möglich. Eigene Wagen nur für
Sitzende find im P'elde nicht zuläfhg. Sechs Liegende oder acht Sitzende foll
das Maximum des Ladungsquotienten für das Wageninnere fein; das Coupe foll
aufserdem neben dem Kutfcher noch zwei Sitzende aufnehmen können. Bei
Mangel einer Dachgallerie müffen die Waffen und das etwaige Gepäck der
Bleffirten unter dem Coupefitze und den Sitzbänken, eventuell unter den unterften
fragen untergebracht werden, was oft ganz unmöglich und immer nach
theilig ift.
Wir fanden im Sanitätspavillon, dem Kataloge gewiffenhaft folgend, die
nachftehenden Blefhrtenwägen ausgeftellt:
Deutfehes Heerwefen. (Katalog des deutfehen Reiches, Gruppe XVI,
Nr. 19.) Ein Bleflirten-Transportwagen mit Krankentragen für zwei liegende
Verwundete. Der Wagen hat einen niederen Kaften, hohe Räder, einen offenen
Kutfchbock, kein Coupe, ein feftes Dach ohne Gallerie und feitliche, fowie hinten
aufrollbare Vorhänge. Das Wageninnere Öffnet fich von rückwärts und ift durch
eine Längenftange in zwei feitliche Abtheilungen getrennt, deren jede eine
Bahre aufnehmen kann. Das Einfchieben der beladenen Tragen wird mittelft
hölzerner Querrollen erleichtert. Der Wafferkaften ift unter dem Kutfchbockc
angebracht.
Eine Einrichtung für Sitzende ift nicht möglich. Wie follen aber die
maroden Soldaten der marfchirenden Truppe nachgeführt werden, oder follen
Abfchürfungen der Füfse gleich im Lazarethe zurückgelaffen werden? Wunde
Eüfse flehen aber bei der marfchirenden Truppe auf der Tagesordnung und ein
Zurücklaffen der betreffenden Mannfchaft würde wohl nach und nach das Contin
gent der Combattanten unnöthigerweife fchwächen, umfomehr als derlei Kleinig
keiten bei entfprechender Ruhe der Füfse und fehr einfacher Medication in
wenigen Tagen heilen. Einrichtung für Sitzende erklären wir für abfolut noth-
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