Militärfanität v.nd freiwillige Hilfe im Kriege.
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Künftliche Glieder. Erfatz von zerfbörten K i e f e r t h e il e n.
Künftliche Gliedmafsen haben ausgeftellt Co 11 in (Paris), Ge ff er (Berlin',
Leiter (Wien) und Werber (Paris), endlich war auch der öfterreichifch-
patriotifche Hilfsverein mit einigen vom Bandagiften Schlecht conftruirten
Gliedmafsen vertreten. C o 11 in und Werber hatten ausnehmend fchöne und fehr
leichte Exemplare aus Holz , Leiter nicht minder zweckmäfsige aus Hartkaut-
fchuk. Ein von Bill rot h’s Meifterhand an beiden Unterfchenkeln amputirter
Knabe war im Sanitätspavillon als Diener angeftellt, ging mit künftlichen Kaut-
fchukfüfsen ohne Hilfe eines Stockes fehr behende herum, und bewies hierdurch
am beften die Güte der Leite r’fchen Prothefeftücke.
Der Erfatz von zerftörten Kiefertheilen mit zähnetragenden Vulcanitpiecen
war nur durch Hof-Zahnarzt Dr. Berghammer (Wien), und zwar fo mangelhaft
dargeftellt, dafs felbft der Specialkatalog davon keine Notiz genommen hat. Viel
Schöneres und Befferes in diefem Genre fah man im Induftriepalafte, und zwar
in der Gruppe XIV., der Länder Amerika, England, Frankreich, Italien, Spanien
und Oefterreich.
Dr. Rou ffel’s neuen Transfufionsapparat zur direcften Ueberleitung nicht
defibrinirten venöfen Menfchenblutes, habe ich in meinem Berichte über
„Chirurgifche Inftrumente“, Gruppe XIV, Sedion 4, näher befchrieben. Es
erübrigt mir nur nachzutragen , dafs er fich praktifch vollkommen bewährt habe.
Varia.
Unter diefer Bezeichnung finden wir im Specialkataloge eine Menge ver-
fchiedenartiger Objede verzeichnet, die wir der Reihe nach anführen, und info
ferne fie ein befonderes Intereffe für uns haben, kurz befprechen wollen.
Katalog Nr. 118. Dr. Beigel, Wien. Projectile und Projectil-
ftücke aus dem Kriege 1870 und 1871. Die Unterlchiede in Form und Ge
wicht der verfchiedenen, im letzten Kriege angewandten Projedile find fo gering,
dafs der Chirurg aus ihrer Betrachtung gar keine Anhaltspunkte gewinnen kann
um daraus auch nur einen fernen Schlufs auf die Differenzen in der Art und Weife
ihrer Wirkung machen zu können. Am beften beweift diefs
Nr. 119. Profeffor Billroth (Wien). „Beifpiele von Projectil-
wirkungen des Chaffepot- und Zündnadel* Gewehres auf Kno
chen. Aus dem Kriege 1870 und 1871. Diefe Knochenpräparate , die jedem
pathologifchen Mufeum zur Zierde gereichen würden, zeugen von keinem wefent-
lichen Unterfchiede in der Einwirkung der gedachten Projedile. Wie könnte es
denn auch anders fein! Trägt man den vielfachen Einflüßen und Zufälligkeiten,
welche die Qualität der Verwundung durch das Projedil beftimmen, Rechnung,
dann wird man jede gelehrte Differencirung als unnöthige Haarfpalterei erklären
miiffen. Anders verhielte es fich freilich, wenn von einem Unterfchiede zwilchen
Kugel und Spitzgefchofs die Rede wäre, es handelt fich aber nur um ähnliche
Projedile.
Nr. 120. France. Miniftöre des traveaux publics hauvetage
des naufrages. Fleches porte amarres. Syfteme Delvique. Kleine
Pfeilgefchofle, welche eine lange, aufgewickelte dünne Schnur tragen, und die
aus kleinen Mörfern abgefchoffen werden. Erfchallt einmal am Schiffe, wenn es
im vollen Laufe die hohe See durcheilt, der fchreckliche Ruf: „Ein Mann über
Bord!“ fo wird in der Richtung, wo der Verunglückte ins Waffer fiel, der Pfeil
abgefchoffen, welcher die dünne Schnur während des Fluges abwickelt, deren
Ende am Bord zurückgehalten wird. Bemächtigt fich der Schwimmende der Schnur,
dann ift er auch gerettet, denn an ihr läfst man ein langes Tau in die See herab,
welches von der Schnur geführt zum Schwimmenden gelangen mufs.
Nr. 121. France. Verfchiedene Platten (als Mufter) zur Bedeckung von
Baraken und Hofpitälern. Es find diefs verfchieden grofse regelmäfsig geformte