116
Alexander Friedmann.
im Allgemeinen für jedes Volk beffer, wenn mäfsigere, aber der eigenen, fchöpferi-
fchen Kraft entfpringende Fortfehritte dasfelbe gewöhnen, fein Wünfchen feinem
Können anzupaffen. Jedenfalls aber 1 ft der Hafen von Yokohama merkwürdig und
beachtenswert!!.
Marfeille.
Beiliegende Tafel XV ift ein Plan des Hafens von Marfeille, gegenwärtig
der gröfste Hafen des mitteiländifchen Meeres und für uns Oefterreicher beson
ders intereffant ob des Umftandes, dafs die Principien diefer Hafenanlage auch
für die neuen Anlagen der beiden Häfen von Fiume und von Trieft zur Anwen
dung gelangt find.
Bis zum Jahre 1844 beftand der Hafen von Marfeille aus dem einen grofsen.
durch eine natürliche Bucht gebildeten Baffin A, welches eine Wafferfläche von
20 Hektaren und einen Quai-Umfang von 3500 Meter bietet. Die grofse Entwick
lung, welche der Schiffsverkehr feither in diefem Hafen genommen, rief fucceffive
neue Anlagen hervor, -welche, nach der Rhede von Marfeille verlegt, heute bereits
fünf grofse Baffins umfaffen. Ein gemeinfchaftlicher Damm. B CD, welcher heute
die Länge von 3070 Meter erreicht hat, deckt diefe fämmtlichen Baffins gegen
die Wellenbewegungen der offenen Rhede. Einzelne Moli, E bis O, welche von
der Küfte ausgehend fenkrecht auf die Richtung diefes gemeinfchaftlichen
Dammes angelegt find, bieten den Schiffen geeignete Landungsquais und geben
diefen eine im Verhältnifs zu den Wafferflächen der Baffins günftige Gefammt-
länge. Die Moli haben folche Breiten, dafs ihren Quais entlang für Umladevor
richtungen und Waarenhallen, Strafsen und Eifenbahnen, welshe den Verkehr mit
der Stadt und deren einzelnen Bahnhöfen vermitteln, mehr als ausreichend
Platz ift.
Hinter dem Baffin National ift nach dem Lande hinein eine feparate Baffin-
anlage disponirt, welche, auf beiftehender Seite in Fig. gj in gröfserem Mafsftabe
veranfchaulicht, ausfchliefslich der Reinigung und Reparatur der Schiffe gewidmet
und zu diefem Behufe von Trockendocks umgeben ift, von denen vier, nämlich
AB CD der Fig. gj bereits dem Betriebe übergeben, weitere 7 EFGHIKL
{-Fig- 95). dem fteigenden Bedarfe entfprechend, der Reihe nach zur Ausfüh
rung kommen.
Es ift Marfeille fclion' durch feine Lage, durch den Reichthum des Hinter
landes, durch die Grofsartigkeit feiner Baffmanlagen, durch 1 die Vollftändigkeit
feiner Umladevorrichtungen und feiner Verbindung mit den Eifenbahnen des
ganzen Landes lange concurrenzfähig gewefen. Die kluge Umficht, welche zu
dem Allen auch noch rechtzeitig die grofsartige Anlage von Trockendocks her
vorrief, bevor noch im mitteiländifchen Meere die anderen Staaten ihren Häfen
folche Trockendocks-Anlagen allgemein benutzbar zu Gute kommen liefsen,
fichert dem Hafen von Marfeille einen neuen Vorfprung, demzufolge die Schiff
fahrt mit Vorliebe diefem Hafen fich zuwenden und demfelben noch lange treu
bleiben wird, felbft wenn Marfeille nicht noch weitere Fortfehritte machen würde
und die anderen concurrirenden Häfen ihm bezüglich der Bequemlichkeit, Rafch-
heit der Umladung und Gefchäftserledigung mit der Zeit gleichkommen follten.
Marfeille entbehrt vorläufig noch eines eigentlichen Vorhafens, in welchem
die Schiffe vor ihrer Einfahrt in die Baffins oder vor ihrer Ausfahrt in die See
fich an Bojen anbinden oder vor Anker gehen könnten wie im früher befchriebe-
nen Vorhafen von Le Havre. Die Verlängerung des äufseren Dammes nach der
Richtung CD der Tafel XV bildet wohl vorläufig einen Vorhafen für die Einfahrt
in das Baffin National, foll aber für die Anlage neuer Baffins verwendet werden.
Es war defshalb projedlirt, einen zweiten grofsen Damm in die See zu legen, wel
cher als Wellenbrecher dienen, an den jetzigen äufseren Damm BCD fich
anfchliefsen und mit diefem den grofsen gemeinfchaftlichen Vorhafen bilden foll.