SCHMUCKFEDERN, KÜNSTLICHE BLUMEN
UND HAARARBEITEN.
(Gruppe V, Seetion 10.)
Bericht von
D R Carl Th. Richter,
k. k. o. ö. Profejfor der Staatswiffen/chaften an der Univerßtät zu Prag.
Es gibt wohl kein zierlicheres Gebiet auf der Ausftellung, als das, das wir
hier zu behandeln haben. Der Federfchmuck, felbft die Perrückenkunft und vor
Allem die Induftrie der künftlichen Blumen traten in fo aufserordentlich reicher
Weife hervor, dafs man, wie z. B. den brafilianifchen Federfächern gegenüber
an zarte Feenhände glauben lernte, die der feinften Feder, welche die Natur fchon
elaftifch und zierlich gebaut, eine noch edlere Biegung durch die Kunft zu geben
verftanden, ebenfo wie man gegenüber den herrlichen franzöfifchen Kunftblumen
oder den Blumenauffätzen und Bouquets der Gräfin Baudiffm aus Wien durch das
Auge fo beraufcht wurde, dafs man den Duft der Blumen auch dort, wo er nicht
künftlich dem Kunftobjedle beigegeben war, mit genofs und an der Frifche der
franzöfifchen Veilchen gerade fo fich felbft erfrifchte, als man den Sonnenbrand
nachzufühlen vermeinte, unter welchem halb und ganz verwelkte Blüthen, wie fie
Frau Gräfin Baudiffm als eine Specialität ihrerBouquets undAuffätze mit befonderer
Vorliebe und aufserordentlicher Naturwahrheit pflegt, erftarben. An Objeölen der
Befchreibunghat es daher in keinem der hier zu erörternden Gebiete des Gewerbes
und der Induftrie gefehlt. Allein wir müfsten weit ausholen und einen grofsen Raum
für uns in Anfpruch nehmen, wollten wir auch nur annähernd jedem einzelnen
Ausfteller und keineswegs den einzelnen Objecften gerecht werden. Schliefslich
aber foll doch auch in diefem Berichte durch die Ausdehnung derfelben der
Werth der einzelnen Induftrien gewiffermafsen plaftifch gezeigt werden. Und
beträgt die franzöfifche Blumeninduftrie, die 15.000 Menfchen befchäftigt, nach
dem jährlichen Prodinflionswerthe heute fchon an durchfchnittlich 25 Millionen
Francs, fo tritt diefs doch als ein fehr befcheidener Theil des nationalen Reich-
thumes weit zurück vor dem Produtftionswerthe jedes anderen Zweiges der textilen
Induftrie. Die öfterreichifche Blumenfabrication mag heute einen Jahreswerth von
zwei Millionen Gulden repräfentiren, und wenn wir es mit Anerkennung hervor
heben, dafs feit den letzten Jahren der Export der Wiener Kunftblumen ebenfo
wie jener der „Kranzlbinder“ des böhmifchen Niederlandes im glücklichen Steigen
begriffen ift und die Einfuhr fleh ebenfo befchränkt, ja felbft wenn wir anerkennen,
dafs gerade durch die Kunftblumen-Fabrication die fchwächere weibliche Arbeits
kraft, die durch die Grofsinduftrie fehr vereinfamte Hausinduftrie eine guten Lohn
bringende Befchäftigung findet, fo zählen die Ziffern und der Werth aller Artikel