Mathematifche Lehrmittel.
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Gigling der auf der Weltausftellung vorhandenen Rechenmafchinen ermöglichen,
andererfeits dürften die Weltausftellungen durch eine gröfsere Betheiligung von
China, Indien, Japan u. f. w. der Ort werden, durch welchen manche dunklen Stellen
der Gefchichte der Mathematik erhellt und erklärt werden könnten.
Man ift gewöhnt, die Weltausftellung als den Ort zu betrachten, auf wel
chem die geiftigen Wettkämpfe der gegenwärtig lebenden Generation in über-
fichtlicher und einfacher Weife zum Ausdrucke gebracht werden. In Wirklichkeit
find jedoch die Weltausftellungen der Tummelplatz, auf dem die ganze Menfch-
heit feit der Schöpfung ihre geiftige Kraft, auf die verfchiedenen Völker vertheilt,
zui Geltung zu bringen fucht. Denn was wären unfere Erfindungen, unfere Erzeug-
niffe, wenn fie fich nicht auf die geiftigen Anftrengungen und Bemühungen unferer
Eltern und Voreltern ftützen könnten? Ein Ding, das kaum der Beachtung
werth wäre. ö
Wenn nun die geiftigen Kämpfe uud Beftrebungen unferer Voreltern von
fo wefentlichem Einfluffe auf die Weltausftellungen find; wenn Männer, wie Ale
xander Freiherr von Humboldt, der älteften Gefchichte der Mathematik ihre unge
teilte Aufmerkfamkeit zuwendeten; wenn fchon die Pagination eines alten
Codex wichtige Aufklärungen brachte;* wenn Alexander Freiherr von Humboldt
diejenigen Philologen, welche perfifche, griechifche oder arabifche Handfchriften
zu unterfuchen Gelegenheit haben, fowie Reifende, die fich in der indifchen
Halbinfel aufhalten, auffordert, die bis jetzt in diefer Richtung gemachten Ent
deckungen weiter zu verfolgen und zu vervollftändigen: fo werden wohl die
geehrten Lefer das Beftreben des Berichterftatters, amgeeigneten Orte fein Schärf
lein zur Gefchichte der Mathematik beizutragen, billigen.
Mathematifche Lehrmittel der Volks- und Bürgerfchule.
(Arithmeti k.)
Wenn auch auf der Weltausftellung zu Wien weder ein Swanpan noch ein
Abacus zu fehenwar, fo war einerfeits die Rechenmafchine fo vielfeitig vertreten,
andererfeits bildet diefelbe ein fo wichtiges Hilfsmittel für den Rechnungsunter
richt, dafs fie einer kritifchen Befprechung unterzogen zu werden verdient.
_ Blos im amerikanifchen Schulhaufe war eine doppelte ruffifche Rechen
mafchine von Hermann R e f f e 11 ausgeftellt, da fie jedoch mit keiner Gebrauchs-
anweifung verfehen war, fo gingen ihre etwaigen Vortheile für die Befucher der
Weltausftellung ganz verloren.
Von den anderen ausgeftellten Rechenmafchinen waren vor Allem zwei
verfchiedene Formen vorherrfchend vertreten.
Die eine fafste, wie Fig. 2, innerhalb des rechteckigen Rahmens AB CD
zehn horizontale eiferne Stäbe mit je 10 verfchiebbaren hölzernen Kugeln. Diefe
Mafchine hat die Beftimmung, den Kindern der Volksfchule den Zahlenkreis von
i bis 100 zu veranfchaulichen. Mit derfelben läfst fich nicht blos das Zählen von
i bis 100 auf eine finnliche Weife vermitteln, fondern auch das Hinzuzählen, Hin
wegnehmen, Vervielfältigen und Enthaltenfein in diefem Zahlenkreife anfchaulich
darftellen. Sie ift jedoch unbrauchbar zur Verfinnlichung des dekadifchen
Zahlenfyftems, unterftützt das Eindringen des Schülers in den eigentlichen Geift
desfelben nicht im mindeften.
Solche Mafchinen waren ausgeftellt: Eine in der öfterreichifchen Mufter
fchule für Landgemeinden vom Comite der Schulfreunde.
Eine zweite in der deutfehen Unterrichtsabtheilung von Ludwig Hefter
mann in Hamburg. Hier war noch die Einrichtung getroffen, dafs die einzelnen
horizontalen Stäbe fehr bequem herausgenommen werden konnten
* Siehe Crelle Journal, Band IV, Seite 230.