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Dr. R.. Perkmann.
bung der Gemeinde beginne, dann fortfehreite zum Arrondiffemen t, von die-
fem zum Departement bis zu ganz Frankreich, um fernerhin zur Karte
von ganz Europa und zuletzt zur WeItkarte zu gelangen. Mit befonderem
Nachdrucke betont das Rundfehreiben die Nothwendigkeit des Anfc hauungs
unterrichte s. „Apprenons ä nos el£ves abeaucoup voiretabien voir.
— C’estpar la vue que l’enfant commence ä s’instruire. “ Da die Reformen
des franzöfifchen Schulwefens auch die Leibesübungen heranziehen und zu diefem
Zwecke unter Anderem auch Excurfionen empfohlen werden, fo verlangt der
Minifter, dafs mit diefen „Promenaden“ der Unterricht verbunden werde. „La
marche, qui est essentiellement hygienique, peut etre associee avec avantage ä
l’instruction des el^ves ; on peut, suivant le pays et le climat, faire de l’herbo-
risation, visiter un vieux chateau, des ruines importantes, un ancien champ de
bataille, une Collection d’objets d’arts, une usine. En tout cas, on peut
faire de la topographie, s’habituer ainsi ä la lecture et al’usage
des cartes.“ Bei diefen „Promenades geographiques et topographiques“ foll
den Schülern auf einer Karte der Weg gezeigt werden, den fie in Wirklichkeit
zurücklegen und der Lehrer foll damit diejenigen Erklärungen verbinden, welche
die Gefchichte, die Witfenfchaft, die Induftrie intereffiren. Ferner wird im Rund-
fchreiben auf den inftrudtiven Werth der Wandkarten hingewiefen, welche die
Regierung zum Gebrauche in den Schulen anfertigen läfst; felbft der grofsen
Karten, wie fie in den Wartefälen der Bahnhöfe Mode geworden, wird nicht
vergehen. In dem Schulmufeum (Musee scolaire), welches neu gegründet
werden foll, werden Globen, Karten und überhaupt das ganzeMate-
riale für den geogr aphifchen Unterricht ausgeftellt fein. End
lich fordert der Minifter die Schulvorftände auf, ihm die Bedürfniffe ihrer
Anhalten und überhaupt Rathfchläge mitzutheilen, fo wie er auch die Theilnahme
von Privaten zu ermuntern fucht: „Meine Hilfe ift allen ernften Ver-
fuchen gefichert.“
In der That Zeigt fich in Frankreich und fpeciell in Paris ein reger Eifer,
den Wünfchen des Minifters entgegenzukommen. Die franzöfifche Abtheilung der
Weltausftellung hatte eine Anzahl neuer Lehrbücher für den geographifchen
Unterricht aufzuw-eifen. Vor Allem feien erwähnt die einfehlägigen Arbeiten von
M. E. Levaffeur, Profeffor am College de France, unter dem Titel: Nou
veau cours d’enseignement g e o gr aphi qu e. Das ganze Werk zerfällt
in die drei Theile: Petit cours, cours moyen und cours complet.
Der erfte Theil ift für den elementaren Unterricht in den unteren Claffen der
Primärfchulen beftimmt und enthält die Grundbegriffe der allgemeinen Geo
graphie, eine kurze Ueberficht über die Vertheilung von Land und Waffer auf
der Erdoberfläche und die Erdtheile, fodann eine Ueberficht über Frankreich
und deffen Colonien. Der zweite Theil (cours moyen) ift für die oberen Claffen
der Primärfchulen und einzelnen Fachfchulen beftimmt und gibt eine eingehen
dere Befchreibung der Erdtheile und Frankreichs nebft deffen Colonien; diefes
Buch ift betitelt: Manuel de la geographie physique, politique, dconomique. Die
dritte Abtheilung (cours complet), für Lyceen, Colleges, Seminarien etc., ift nach
einem dreijährigen Lehrgänge gegliedert, und zwar enthält fie die Befchreibung
von Frankreich nebft feinen Colonien, dann Von Europa ohne Frankreich,
endlich die Erdtheile ohne Europa. Der Inhalt des erften Curfus diefes Lehr
buches umfafst die phyüfche, die pdlitifche, die topo- und chorographifche, die
commerciell-induftrielle, die culturelle und adminiftrative Seite von Frankreich
und deffen. Colonien, ift fomit nicht mehr ein „dürres Verzeichnifs nackter
Namen“, fondern eine lebendige Schilderung von Land und Leuten. Dabei möch
ten wir die nämliche Bemerkung machen, welche wir obenbei Gelegenheit desLebr-
und Lefebuches von A. Wettftein anfügen zu müffen glaubten, dafs die Heimat
bei Befchreibung der europäifchen Staaten in demfelben Mafsftabe berührt wer
den follte. Diefe Lehrbücher gehören zu den erften Publicationen. eines neuen