Die Sculptur.
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Die öfterreichifche Sculptur.
Der Donauftadt hat nie eine befondere Glanzepoche in der Sculptur
geblüht; keine Namen von Weltruf haben Werkftätten in ihren Mauern aufge-
fchlagen, die Kunft hat hier von jeher in befcheidenen Sphären dahingelebt, und
wenn wir einen Blick auf das Centralinftitut für die Kiinfte, auf die Akademie
werfen, fo finden wir auch dort von feiner Gründung an bis in die jüngften Tage
eine Befcheidenheit im Schaffen und Wirken, dafs die Gefammtthätigkeit des
Inftitutes nichtsweniger denn als eine mit dem Volke und der Welt correfpon-
dirende bezeichnet werden mufs. Vorübergehend hatte wohl die Malerei Däm
merungen eines regeren Lebens : Füger’s Name hatte zur Zeit guten Klang ;
Führich ift in feinem Genre hoch gefchätzt; Rahl malte wohl nicht fürs Volk und
ging in Form und Farbe zuweilen über das Schöne hinaus, leiftete aber als den
kender Maler Vorzügliches; Geiger war als Lehrer und Künftler eminent; Stein
feld und vor Allen Zimmermann brachten die Wiener Landfchaftsfchule zu
Ehren — doch die Plaftik? — Ihre Gefchichte bietet am allerwenigften Inter-
effantes, wenig des Bedeutungsvollen. Nie hat fie fich von der Antike getrennt,
nie einen Anlauf genommen , auf feinere Darflellung einzugehen, und felbfl als
die Naturmodelle eingeführt und ganz treffliche Adle modellirt wurden, blieb
den felbftftändigen Compofitionen der Realismus fremd, da kein Empfinden für
complicirtere Affeöle oder Effeöle überhaupt vorhanden war. Von den älteren
Meiftern Fifcher und Zauner abgefehen, erhoben fich auch Käsmann und Schallcr
zu keiner befonderen Selbflftändigkeit und blieben in ihren Formen halb Schwan
thaler, halb Canova ; fo pompös fie auch manche ihrer Gruppen aufbauten, mehr
als das technifche Gefchick bewundern wir in ihnen nicht.
Klieber war der Gefchäftsmann par excellence, und feine Arbeiten find
decorativ mitunter Meifterftücke; höhere künfllerifche Weihe befitzen iie mit
wenig Ausnahmen nur in befcheidenem Mafse. Aus Klieber’s Atelier ging Pr.
Bauer hervor.
Das Jahr 1848 warf für die Kunft feine dunklen Schatten bis weit in die
fünfziger Jahre herein; erft zu Ende derfelben, als durch läuternde politifche
Ereigniffe für Künfle und Wiffenfchaften die Epoche der Gegenwart fich vorzu
bereiten begann, als das alte Wien feine Mauern abfchüttelte und fich nach allen
Richtungen dem Fortfehritte die Bahnen geöffnet, wurde es in den Ateliers
wieder lebendiger, und fuhr der Geilt der Arbeit wieder in die Werkftätten
der Kunft.
Vor Allem gab es in der Architektur reiche Befchäftigung; es fehlte auch
nicht an talentirten jungen Kräften in den Schulen, da praktifch aölive Profefforen
da waren, die anzuregen und zu begeiftern wufsten.
Wer die Ringftrafse heute durchwandert, wird anerkennen müffen, dafs
die letzten Decennien hier in der Architektur entwicklungsreicher waren als
früher Jahrhunderte.
Die Architekturfchule ift aber nicht nur der Localität, fondern auch den
Fortfehritten nach als getrennt von der Malerei und Plaftik in der Akademie
zu betrachten.
Nur die Landfchaftsfchule erhob fich, wie bereits erwähnt, unter Alb.
Zimmermann in einer bedeutenden Anzahl talentvoller Schüler, und glänzt die
öfterreichifche Landfchaftsmalerei gegenwärtig hauptfachlich in Namen aus jener
Epoche. Doch war diefem genialen Meifter und Lehrer kein langes Wirken an
dem Inftitute befchieden, wie leider auch Rahl zu früh feinem Schülerkreife —
freilich für immer — entriffen wurde.
Das Schaffen erlahmte, da Niemand anregte, und die Hiftorienmalerei
fchlummerte fanft neben der Plaftik, fovvie es auch in der Schule Führich’s an
„gefunden“ Schülern mangelte.