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Jofef Lang!.
Bedeutendeie Werke traten uns aber in der(Weft-) Portalhälle felbft entge
gen. Darunter ift woh! E. F r e m i e t’s Reiterftatue „Louis d’Orleans“ (Bronce) der
kecken ungezwungenen Auffaffung und der legeren Behandlung der Form wegen
voranzuftellen. Der kühne Rittersmann fafs mit feinem langen Spiefse in aller Ruhe
fo flott und lebendig auf feinem Gaule droben, dafs ihn wohl mancher Held, dem
ein „bewegtes“ Reitermonument zu Theil wurde, um diefen fchlichten Effedt
beneiden könnte. Fremiet ift bekanntlich einer der begabteften Thierbildner unter
den franzöfifchen Plaftikern , und war eine bedeutende Anzahl vorzüglicher
Arbeiten diefes Genres von dem Künftler in den Nebenfälen der franzöfifchen
Kunftabtheilung ausgeftellt. Neben ihm treffen wir Cain als Meifter auf diefem
Felde; er holt feine Vorwürfe meifl aus der Wüfte; der Leu, der Tiger etc. find
feine Lieblinge, die er mit wahrhaft claffifcher Wahrheit in Erz wiederzugeben
verlieht. Jedermann werden die zwei Broncegruppen des Künftlers in Erinnerung
fein, die am Weftportale der Kunfthalle zu beiden Seiten der Aufgangsflufen auf-
geftellt waren. Von fchlagendflem Effedl war befonders die nördliche Gruppe,
„wie der Tiger das Krokodill erwürgt“. Die grüngraue Patina erhöhte noch den
Reiz der lebenswahren Formen, die, in breiten Flächen aufgebaut, trotz der rein
naturaliftischen Auffaffung das Werk plaflifch wirkfam erhielten.
Die packende Lebendigkeit diefer Gruppe beeinträchtigte wohl zum Theil
den Effedl des Pendants, „ein Löwe, der einen Straufs erlegt hat“, doch zeigte
fleh auch darin des Künftlers Talent im hohen Grade. Von Cain rührten auch die
Thiergruppen vor dem Eingänge der südlichen Quergallerie der franzöfifchen
Induftrie-Abtheilung her, und waren fämmtliche Werke im „Atelier Chriftofle“
gegoffen.
Von Broncen ift hier noch Mai Ile t’s „Chaffeur“ der edlen idealen Auffaffung
wegen zu nennen. Maillet ift einer der begabteften Schüler Pradier’s und der
Schöpfer einer Anzahl reizvoller Gruppen an der Fagade der neuen Oper in Paris.
Neben dem erwähnten Werke ftand J. Crauk’s Statue des „Marfchalls Pelliffier“
(Marmor), die in den Detailformen wohl etwas weich behandelt war, jedoch in
der Gefammtauffaffung und vorzugsweife im Kopfe eine gewiffe Energie nicht ver-
leugnete. Crauk ift befonders Meifter im Portrait und fchuf zur Zeit für das
Parifer Stadthaus das Bildnifs der Kaiferin Eugenie.
Erwähnen wir aus der Vorhalle noch J. B a uj a u 1 t’s „Gaulois“ als lebendig,
wenngleich etwas theatralifch aufgefafste Figur und wenden uns fonach zu den
Objedlen des Centralsaales.
In der Mitte begegnete uns Caudron’s Statue „Moliöre’s“, des geiftvollen
Luftfpieldichters und Diredlors der „troupe de monfleur“.
Die legere Haltung der Figur und befonders die feine Auffaffung des
Kopfes, aus deffen Zügen wohl die „precieufes ridicules“ zu lefen waren, gaben
dem Werke einen vornehmen, edlen Reiz und verliehen ihm hohe Anziehungs
kraft. Zu bedauern war es nur, dafs die Figur mitten im Kreuzfeuer der Malerei
ftand und fleh der Betrachtende zumeift erft den Platz erkämpfen mufste. Cau-
dron ift ein Schüler David’s und bewegt fleh in feinen Formen ficher und elegant
innerhalb der naturaliftifchen Grenzen. Mehr der idealen Richtung gehört Carrier*
B e 11 e u f e an, deflen unter dem Adlerflügel fchlafende Hebe (Marmor) zu den reiz
vollsten Werken der franzöfifchen Plaftik auf der Ausftellung gehörte.
Mit überfchlagenen Füfsen, die fleh in fchönen Linien durch äufserft mafs-
volle Draperiemotive zeichneten, fafs das zarte Wefen fo lieblich in der Nifche
des fchützenden Greifenfittigs, fchlummerte fo holdfelig an derBruft des mächtigen
Vogels, dafs wohl nichts als der belebende Athemzug zu wünfehen übrig blieb.
Das Werk dürfte wohl des Künftlers berühmtem „Kufs“ würdig zur Seite flehen.
Von Sculptur in grofsem Stile find hier die Werke von D i e u d o n n e und
B a r r i a s zunächft zu erwähnen.
Beide Künftler find Vertreter der idealen Richtung und imponirten ihre
grandiofen Gruppen durch edle, mafsvolle Auffaffung und vollendete Durch