DIE MALEREI.
(Gruppe XXV.)
Bericht von
D R - Josef Bayer,
ProfcJjfor der Aeßhetik an der k. k. techni/chen Hoch/chule in Wien.
Der gegenwärtige Kunftzuftand, wie er fich in der umfaffenden, für die
vorherrfchenden Richtungen zumeift auch bezeichnenden Ausftellung in derKunft-
halle abfpiegelte, läfst fich nicht fo leicht nach einfachen Kategorien des Urtheiles
abfchätzen. Das Gefammtbild war jedenfalls ein fehr reiches und glänzendes;
aber die Frage nach dem tiefergreifenden, nachhaltigen Fortfehritte in der Kunft
beantwortet fich nicht allein aus dem allgemeinen Eindrücke jener Glanzerfchei-
nung heraus.
Statiftifch betrachtet, ftellt fich das gegenwärtige Verhältnifs der Produktion
fehr günftig; die Kunftthätigkeit ift unzweifelhaft in vielen Händen, und dem-
gemäfs ift auch das Ausftellungsbedürfnifs in der Steigerung begriffen. Gegen die
3973 Kunftwerke, welche die Parifer Ausftellung von 1867 im Ganzen aufwies,
tritt die unfere mit der imponirenden Gefammtfumme von 6060 Werken aus dem
Bereiche aller drei bildenden Künfte auf, von denen wieder die weitaus gröfsere
Zahl auf die Malerei entfällt. Darunter wuchs die franzöfifche Ausftellungsziffer
am wenxgften, von 1043 auf 1573. weil damals fchon die Produktion und die Aus-
ftellungsfähigkeit grofs genug war; Deutfchland dagegen ift von 555 auf 1026,
Oefterreich-Ungarn von 193 fogar auf 1079 gediegen. Freilich entfeheidet die um-
foviel geringere Betheiligung von damals nicht in ganz gleichem Mafse für das
geringere Quantum der Produktion, namentlich da, wo es fich um die Verfendung
von Kunftwerken an einen fremden Ausftellungsort handelt; doch drückt immer
eine fo bedeutende Zifferndifferenz etwas und fogar viel, wenn auch nicht Alles
aus. Wie es qualitativ um die gegenwärtige Kunftthätigkeit fleht, diefs
hält wirklich fchwer, ganz rundweg und beftimmt mit einem Worte, das man nicht
mehr einzufchränken und halb zurückzunehmen braucht, zu beantworten. Die
Antwort können wir nur, von Land zu Land vorgehend, mit Rückficht auf die
fpeciellen Kunftzuftände präcifer geben. Der aligemeinfte Eindruck liefse fich
wohl nur fo ausfprechen: Alles, was an der Kunft fich äufserlich lehren, üben und
mittheilen läfst, was in ihr von der fertigen Hand zu Hand, weniger Jenes, was
vom fchaffenden Geift zum Geift übergeht, das ift in der That im regften Fort-
fchritt, in rühriger Entwicklung begriffen. Jene Eigenfchaften, wodurch fich die