Das Heerwefen. 9
D eutfchland in diefem Genre, welches übrigens für Popularifirung fein Gutes
haben mag.
Die fchwedifche Uniform ift einfach und gefchmackvoll, das Tuch
derb, kräftig wie die ganze Nation; Rufslan d hatte die Courtoifie, die Unifor
men jener Regimenter auszuftellen, deren Chefs Glieder unferes Kaiferhaufes
find, und hat fich die Uniform des ruffifchen Militärs bedeutend zum Vortheile
verändert. Sie ift fehr praktifch und einfach, nur fcheint der braune Halinamantel
etwas zu fchwer.
In Rumänien intereffirte die nationale Armirung des Grenzcorps, welche
in der gewöhnlichen Bauerntracht befleht, die nur durch die Cocarde und die
gleichmäfsige Bewaffnung und Ausrüfhmg einen militärifchen Anftrich erhält. In
D eutfchland waren Militärftoffe fehr zahlreich vertreten, doch mufste man
diefelben bei den Privatfirmen fuchen, wie denn überhaupt, ganz entgegengefetzt
zu den meiften Staaten, die deutfche Kriegsverwaltung nur die Einlieferung von
Küraffen, Kochgefchirren und Tuchmaterialien übernimmt, die Befchaffung aller
übrigen Gegenftände aber gegen ein fixes Paufchale den Regimentern, refpedlive
der Privatinduflrie überläfst.
So waren denn auch die fünfzehn lebensgrofsen Puppen, welche ein
getreues Bild der deutfchen Armee gaben, fowie die andern Uniformirungsgegen-
ftände von Privatfirmen ausgeftellt. — Ungarn brillirte mit der von der öfter-
reichifchen allgemeinen Bank ausgeftellten Honvedgruppe, welche, recht nett
und wirkungsvoll arrangirt, wohl die Exiftenz einer Honvedarmee den Fremden
vor Augen führte, nicht aber über Güte der Stoffe und des Materials Auskunft
gab, da die Proben davon unnahbar hoch placirt waren.
In O e fl e r r e i ch war nebfl der impofanten Expofition des Confortiums
für Pleeresausriiftung, welche eben Alles enthielt, was die Armee braucht, auch
die Betheiligung von Privatfirmen eine fehr rege. In erfler Linie die Brünn er,
Reichenberger und Klagenfurter Tuchinduftrie, welch erflere beiden
in vielfältigen Egalifirungs- und Uniformtüchern, letztere auch in Tuch zum
weifsen Rocke, deffen Scheiden noch vielfeitig bedauert wird, Vorzügliches
leiflete. Für die Landwehr forgt ausnahmslos die concurrenzfähige Kleininduflrie
und fleht, wie die Expofition zeigte, die fchiefifche Tuchinduftrie, befonders das
Troppauer Etabliffement von Jakob Quittner & Söhne an der Spitze der-
felben, fowie in Zwilchen, Zelten, Segeltüchern, Patronenfäcken für die gefammte
Artillerie, Futterfloffen etc. etc. die Brünner Fabrik das Terrain beherrfcht.
— Noch wäre die Wiener Induftrie in Uniform und Goldforten zu erwähnen,
welche, als Specialität auch im Auslande fehr gefchätzt, auf der Ausftellung ihres
Rufes würdig vertreten war.
Es wäre diefs Capitel nicht vollftändig, wenn die in der chinefifchen
Abtheilung ausgeftellt gewefenen Ausrüflungsproben für Mann und Pferd ver-
geffen würden, die wegen ihrer Sonderbarkeit und netten Ausführung befondere
Erwähnung verdienen. Abgefehen von der eifernen Gefichtsmaske mit gewaltigem
weifsen Stachelfchnauzbart, welche dem Träger Schutz gewähren, und wohl auch
Courage, dem Gegner aber Schrecken einflöfsen foll, beftand die gefammte
Rüflung nebfl dem breitkrämpigen Hute aus einer grofsen Menge von feinen,
aber Harken Fifchbein-Stäben, welche mit Seidenflrängen fehr kunftvoll und feft
verbunden find, vor Stich und Hieb gut fchützen, n>it ihren wegflehenden Flügel
dächern aber Mann und Pferd ein fehr komifches, unbeholfenes Ausfehen geben.
Uebrigens ift diefs die ,,alte“ Ausrüftung! — Auch die Söhne des himmlifchen
Reiches haben angefangen fich die Teufelskünfte der Barbaren des Weflens
anzueignen, und damit bei dem begonnen, was fie an fich felbft zu erproben
Gelegenheit hatten, mit Snyderbüchfen, Revolvern, Kanonen und andern mehr
nützlichen als angenehmen Dingen. Ja, auch die Exercirkunfl foll von den
Gefilden der Tempelhofer „Flegelwiefe“ an die Geftade des Yant-fe-kiang ver
pflanzt worden fein, und dort fruchtbaren Boden gefunden haben, wenigftens