Buchdruck.
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natürlich, doch trugen die Folgen cliefes Jahres wefentlich zur räumlichen Erwei
terung des Inftitutes bei. Die nächften zwei Jahre waren Jahre der gröfsten
Anftrengung für die Staatsdruckerei.
Die Bedürfniffe des Staates zur Beftreitung der Kriegskoften in Ungarn
und Italien, zur Deckung des Ausfalles in den Steuern des aufftändifchen halben
Kaiferftaates und für die Nachwelten des Jahres 1848 hatten eine fabelhafte Höhe
erreicht. Die Staatsregierung mufste daher zu energifchen Mitteln greifen, und
die Staatsdruckerei war genöthigt, ihren wiffenfchaftlichen Apparat zur Seite zu
Hellen, um nur einen Auftrag über den andern von Seite des Staates ausführen
zu können.
Unverzinsliche Central-Caffe-Anweifungen und mit 3 Percent verzinsliche
Central-Caffe-Anweifungen, dann Reichsfchatzfcheine und Partial- und Hypo
thekar-Anweifungen, ferner Conventionsmünze-Obligationen und Ein- und Zwei
guldenzettel, fowie Anweifungen auf die ungarifchen Landes-Einkünfte, des wei
teren Treforfcheine für Italien, zuletzt Münzfcheine zu 6 und io Kreuzer u. f. w.
nach Millionen und Millionen anzufertigen, war in diefen fchweren Zeiten
die Aufgabe der Staatsdruckerei. Das Reichsgefetzblatt mufste in zehn
Sprachen in einer Auflage von mehr als 30.000 Exemplaren gedruckt werden.
So grofs war diefe Arbeit, dafs die Staatsdruckerei fie allein nicht zu bewältigen
vermochte und mehrere Privatdruckereien am Drucke des Reichsgefetzblattes
betheiligt werden mufsten. Das Inventar der Staatsdruckerei flieg in diefen Jahren
von 5 auf 40 Schnellpreffen und vermehrte fich um 20 lithographifche Preffen.
Das Perfonal flieg auf mehr als taufend Perfonen.
Um diefs alles unterzubringen, mufsten auf drei Hoftradle Stockwerke
aufgefetzt-und auf einem leeren Hofraum ein . fünf Stockwerke hohes Haus auf
geführt werden; der noch übriggebliebene leere Hofraum wurde zur Aufnahme
der Schnellpreffen hergerichtet und mit einem Glasdache überdeckt.
Grofs waren die Mühen gewefen, aber auch die Erfolge waren grofse. Im
Jahre 1851 erntete die Staatsdruckerei, nach zehn Jahren, feit Auer die Leitung
übernommen hatte, auf der Londoner Weltausflellung glänzende Ehren. Der
von der internationalen Jury gefällte Spruch lautete dahin: dafs die kaifer-
liehe öfter reichifc he Hof- und Staatsdruckerei in Wien auf dem
von ihr repräfentirten Kunftgebiete ausfchliefslich und allein die
Grofse R at h sm e d ai 11 e“ verdiene, und wurde ihr cliefes höchfte Ehren
zeichen unter Zuerkennung aller fünf Medaillen e i n ft i m m i g ertheilt. Diefe Aus
zeichnung war um fo höher anzufchlagen, da fie der um fo viel älteren franzo-
fifchen Staatsdruckerei nicht zu Theil geworden ift, einer Anftalt, die von allen
franzöfifchen Regierungen feit Jahrhunderten ftets aufs Sorgfältigfte gepflegt
wurde um fich als Mufteranftalt in der Welt behaupten zu können.
’ln der Parifer Welt-Induftrie-Ausftellung 1855 erhielt die öfterreichifche
Staatsdruckerei die höchfte Auszeichnung: die grofse goldene Medaille.
Die Staatsdruckerei, vorher nicht einmal jenfeits der fchwarzgelben Grenz
pfähle bekannt oder genannt, hatte fleh die Anerkennung und die Bewunderung
der Gelehrten und der Gebildeten der ganzen Welt in kürzefter Zeit errungen;
ift es da zu wundern, dafs fie durch fo ruhmreiche Erfolge dem Schickfale alles
Grofsen verfiel? Ihr Direaor, der es vom einfachen Schriftfetzerlehrling bis
zum k k. Hofrath und zur Erhebung in den Ritterftand gebracht hatte, ward ein
Gegenftand des gemeinen Neides und der Mifsgunft. Nur hatten fich die Feinde
nicht überlegt, dafs alle Angriffe, die gegen Auer vorgebracht wurden, der
jenigen Anftalt zu Schaden und Verderben gereichten, welche in trüben Tagen
den Namen und den Ruhm Oefterreichs über die weite Welt getragen hatte. War
doch die fo alte franzöfifche Staatsdruckerei, die bisher als Mufteranftalt
vorgeleuchtet hatte, durch die fo junge öfterreichifche tief in den Schatten geftellt
worden