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Jakob Falke.
Schwind’s zum Märchen von den heben Raben in diefer naturaliflifchen Art zu
Tafelauffätzen und Gefäfsen verwendet und noch dazu mit allerlei unpaffendem
Zopfornament verfehen hatte. Dicke Eichbäume mit vergoldetem Laub und
Vögeln darin tragen Glasfchalen, die wieder mit Rococo-Ornament von vergol
detem Silber behängt find ; der Stamm wurzelt in vergoldeter Silberplatte, die
mit Fruchtkränzen behängt ifl und auf drei Voluten als Füfsen ruht. Schon das ift
finnlos genug; im hohlen Stamm aber oder um denfelben, im Gebiifch und
Gewächs, das ihn umgibt, gehen im freien Relief die Scenen aus dem Märchen
vor fich. Man kann wahrlich in der Meinung, etwas Gutes und Grofses zu fchaf-
fen, nicht weiter irre gehen.
Indeffen flehen die deutfchen Arbeiten in diefer Art nicht ifolirt, die eng-
lifchen treten ihnen fall würdig zur Seite. Es klingt fall unglaublich, dafs die
erften Namen Englands in ihrem Zweige E 1 k i n g t o n und Hancock trotz aller
nunmehr zwanzigjährigen Reformbeflrebungen in England dennoch es wagen,
mit dem ganzen Gelichter der Thiergefäfse auf einer Weltausflellung zu erfcheinen,
und ebenfo mit allen jenen gröfseren Gegenftänden, bei denen fich einfach eine
Landfchaft oder ein Genrebild tafchenfpielerifch in ein Gefäfs oder einen Tafel-
auffatz umwandelt. Die Colledtionen, welche beide genannten Firmen zur Aus-
Heilung gebracht hatten, waren voll davon.
Glücklicherweife waren das nicht die einzigen Gegenftände, welche die
englifchen Silberwaaren vertraten. Nicht bloss gab es einen anderen Ausfteller,
Shaw & Fisher, der in praktifchem, insbefondere für den Theetifch beftimm-
tem Geräth faft durchwegs hübfche und elegante Formen zeigte, ohne einem
beftimmten Stile zu folgen; auch jene grofsen Fabrikanten, insbefondere E Iking
ton, der feine Stärke in Silber hatte, wie Hancock die feine in Gold- und
Edelfleinfchmuck, führten jene naturaliftifchen Arbeiten doch nur im Gemifch
mit anderen und glänzenderen Gegenftänden uns vor Augen.
Eben diefes Gemifch der Formen und Stilen aber ifl wiederum charak-
teriftifch wie für die ganze neuere englifche Kunftinduftrie, fo insbefondere für
die Silberarbeiten. Die grofse Ausftellung von Elkington war ein Mutter dafür,
in der man alle Kunftart vereinigt fah, die auf diefem Gebiete verfucht wird. In
dem Tafelgeräth, in den grofsen Gewinnftgegenftänden oder Preisttücken für
Wettrennen und Preisfchiefsen fah man neben dem Naturalismus zahlreich grie-
chifche Motive, andere Beifpiele in den Formen des Rococo oder Louis XV.,
andere und mitunter fehr tüchtige Arbeiten, wie Vafen oder figurenreiche Scha
len in der Weife der Renaitfance, andere mit indifchen oder felbft chinefifchen
Motiven, letzteres namentlich in dem Falle, wenn Email zur Ornamentation
hinzutrat.
Ebenfo konnte man in der Bildung und Zeichnung der Figuren, in der
Behandlung des Reliefs verfchiedene Manieren unterfcheiden, davon namentlich
die eine, fchwerer und tteifer, englifchen Urfprung verräth, die andere mit mehr
Leichtigkeit und Grazie allerdings auch nicht ohne eine gewiffe Manierirtheit
gar fehr an franzöfifchen Einflufs erinnert. Und diefes letztere ift nicht ohne
beflimmten Grund, denn als die Engländer ihre Schwäche in Sachen des Ge-
fchmacks erkannten, haben fie zu ihren anderen Bemühungen auch franzöfifche
Künftler herüberkommen laffen und fich ihrer bedient. So glänzte insbefondere
Elkington fchon auf früheren Ausftellungen mit figurenreichen Arbeiten des
bekannten Vechte und diefsmal waren es die Arbeiten eines anderen Franzofen,
Morel-Ladeuil, welche fich vor den übrigen fowohl durch ihre eigenthümliche
Phyfiognomie, wie durch gröfsere Feinheit in Erfindung und Durchführung aus-
zeichneten.
Dadurch haben die gröfseren künfllerifchen Leiftungen in der Expofition
Elkington’s, die bedeutenderen Preisftücke und Tafelauffätze einen doppelten
Charakter erhalten. Bei den einen befteht die Löfung in einer denkmalartigen
Darftellung; es ift geradezu ein im Grofsen gedachtes Monument mit Hauptfigur