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Volltext: Die bildenden Künste der Gegenwart, Wiener Weltausstellung Heft 2

Gruppe XXV. Die bildenden Künste der Gegenwart. 133 
stimmt. Von Leys’ bestem Schüler, dem Holländer Alma Tadema hat 
die Wiener Ausstellung keine Proben vorgefuhrt. Alma Tadema ha 
die archaistische Kunstrichtung noch weiter entwickelt und mit unleug 
barer Gewandtheit und reifem Farbensinne namentlich das antike Leben, 
so wie es in Wirklichkeit war, zu schildern unternommen. Immer liegt 
dieser doppelten Flucht aus der Gegenwart, da nicht nur der Inhalt, son 
dern auch die Formen aus der Vergangenheit geschöpft werden, eine 
Resignation, ein Unglaube an die künstlerische Kraft unseres Lebens 
welche auf keine gesunde Entwickelung der Kunst schlossen lasst. 
Perioden, in welchen Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein herrscht, 
haben stets das Recht für sich in Anspruch genommen, den fernliegen- 
den Inhalt künstlerischer Darstellungen durch Einkleidung “^Formen 
und Farben der Gegenwart sich nahe zu bringen. Auch die Italien«, 
als sie im 15. Jahrhundert auf die Antike als Formenideal zuruck gin 
gen, thaten es in dem guten Glauben, dass ihr Volksthum die Römer 
mit einschliesse. 
Hauptvertreter der französischen Richtung in ^ belgischen Kunf 
sind die beiden in Paris ganz und gar eingebürgerten Maler. Wil 
lems und Stevens. Ueber den ersteren kann man sich kurz da in 
fassen dass er hinter dem Vorgesetzten Muster, den sogenannten hol 
ländischen Stoffmalern, unendlich weit zurückbleibt, und seine in Seide 
“IX gekleideten F„«e» du„k... : b.h.gh- 
eher genussreicher Existenz besitzen, wie die Gestalten Terburg so 
Nets cher’s. Es sind meistens nur Ladenmädchen, die elegante Roben 
probeweise -gezogen haben. Grösseres Interesse weckt Alfred 
Stevens Er hat, in der Sprache der Pariser Ateliers zu reden, eine 
Specialität ausgebildet und sich dadurch das Recht auf Anerkennung 
erworben. Aus der Pariser Frauenwelt greift er das eine und andere 
Modell auf. versetzt es in einen eleganten Salon, und lasst es lese , 
schreiben, stricken, vor dem Spiegel stehen oder auch mit einer zweiten 
Person ein leises Gespräch führen. Den unbedeutenden Vorgang durch 
einen pikanten Bildertitel anziehender zu gestalten, uberlass ei B eis 
reichen Freunden. Er selbst lacht wahrscheinlich darüber, dass er m 
seinen kleinen Bildern einen „Frühlingsstrahl oder „verlorene Illusio 
nen“ oder „eine erste Genugtuung“ u. s. w. geschildert haben soll 
4uf den Inhalt legt er nicht das geringste Gewicht; ihn mteressirt 
allein das Problem, ob es möglich sei, ein ganzes Bild auf elnen eln ‘ 
zigen Farbenton zu stimmen, denselben soweit zu nuanciren, ohne 
Contrasten die Zuflucht zu nehmen, dass die Darstellung ^cht allem 
durch die Harmonie, sondern auch durch die Wahrheit des Colorits 
das Auge erfreue. Abgesehen davon, dass wir häufig einen hasslic en 
Kleiderfehnitt und einen gemeinen Kopftypus in Kauf ^hme* müssen, 
erscheinen diese Farbenkünste wohl gelungen. Freilich wird der Ein 
druck gar sehr geschwächt, wenn man viele Stevens-Bilder neben ei
	        
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