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Volltext: Die bildenden Künste der Gegenwart, Wiener Weltausstellung Heft 2

148 Gruppe XXY. Die bildenden Künste der Gegenwart. 
aus dem römischen Volksleben in den weitesten Kreisen beliebt sind. 
Noch in den letzten Jahren siedelten mehrere hervorragende Künstler, 
wie Lenbach, v.Angeli, nach Wien über. In welchem Grade ihr und 
Makart’s Wirken auf die Wiener Kunst Einfluss üben wird, lässt sich 
noch nicht bestimmen, zumal die ökonomischen Erschütterungen, welche 
Wien im Frühling 1873 erduldet hat, den Boden der Wiener Kunst 
nicht unwesentlich verändern dürften. Die Mannigfaltigkeit des öster 
reichischen Kunstlebens wird nicht allein durch die verschiedenartigen 
Strömungen, die neben und nach einander herrschten — man entdeckt 
noch Nachzügler der älteren akademischen Richtung, Romantiker, wie 
Steinle, begegnet den Nachwirkungen Rahl’s, stösst auf Schüler 
Piloty’s —, sondern auch durch die zahlreichen nationalen Besonder 
heiten, die Oesterreich beherbergt, bedingt. Zu einer nationalen For 
mensprache ist freilich keiner der nichtdeutschen Stämme Oesterreichs 
gekommen, am wenigsten der magyarische Stamm, dessen berühmtester 
Vertreter in der Kunst, M. Munkäcsy, in seinen jüngsten Bildern 
(Nachtschwärmer, die butternde Alte) ganz und gar dem französischen 
Einflüsse unterliegt und offenbar bemüht ist, Ribot’s aus schwarzen 
und weissen Tönen gemischtes Colorit nach Ungarn zu verpflanzen. 
Zumeist bemühen sich die nichtdeutschen Maler in Oesterreich durch 
die Wahl der Gegenstände, durch sogenannte patriotische Stoffe und 
durch die Aufnahme ethnographisch interessanter Typen ihre nationale 
Selbstständigkeit zu bekunden. Die grösste Bedeutung unter ihnen 
nimmt der Pole Matejko in Anspruch. Sein kräftiger Farbensinn 
kommt namentlich in der Malerei reicher Prunkgewänder zur Geltung, 
sein scharfes Auge befähigt ihn, die charakteristischen Racenunter- 
schiede treu wiederzugeben, er verfügt überdies über ein gut geübtes 
Compositionstalent und weiss grosse Flächen mit Leichtigkeit mit Fi 
guren zu füllen. An den fremdartigen Gegenständen der Darstellung 
liegt es, dass wir seine Bilder meist nur mit Neugierde betrachten. Die 
politische Unbedeutendheit der kleinen Stämme zeigt diesen ihre Vergan 
genheit in hellem Lichte erglänzend und verleitet sie den historischen 
Ereignissen ihrer Heimath an und für sich eine künstlerische Brauch 
barkeit beizulegen, während historische Ereignisse doch nur dann 
künstlerisch verwerthbar sind, wenn auch allgemein menschliche Empfin 
dungen in ihnen erklingen. 
Zur Begründung nationaler Kunstschulen reicht vorläufig die 
Kraft der slavischen Völker nicht aus, sie entbehren einer geschlosse 
nen Bildung, welche auf den Formensinn anregend wirkt und eine 
eigenthümliche Kunstanschauung schafft. Das Gleiche gilt von den 
übrigen Nebenländern des Kunstreiches, von den skandinavischen Län 
dern und der Schweiz. Eine Reihe tüchtiger Kräfte ist hier überall 
thätig. Wir heben aus der schwedischen Künstlergenossenschaft her 
vor die Genremaler: Fagerlin., Jernberg, Nordenberg, die
	        
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