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Volltext: Textil- und Bekleidungs-Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 5

578 Gruppe V. Textil- und Bekleidungs-Industrie. 
Nur den grössten Anstrengungen der europäischen Seidenzüchter 
und Spinner, besonders den Italienern, gelang allinälig die Verbesse 
rung des Rohmaterials, und Hand in Hand mit derselben ist die Fabri 
kation jener Seidenstoffe in den letzten Jahren zu einer fast nie gekann 
ten Vollkommenheit gebracht worden. Verbesserte Hand- und Maschi 
nenwebstühle, bessere Appretur- und Vorbereitungsmaschinen wurden 
erfunden, und wenn auch die Arbeiterfrage hier mehr, dort weniger 
hindernd auftrat, ist dieser Fortschritt doch fast als ein allgemeiner in 
den Hauptproductionsländern zu verzeichnen. Da, wo noch das Muster, 
das Dessin für die verschiedenen Artikel zur Geltung kommt, machte 
sich eine erfreuliche Läuterung des Geschmackes in der Composition 
des Musters geltend. Noch niemals hat eine Weltausstellung ein voll 
kommeneres Bild der jeweiligen Seidenindustrie der Welt gegeben; 
mit geringen Ausnahmen hatten die Industriellen aller Länder ihr Vor 
züglichstes ausgestellt und auch nur in wenigen Fällen darf man von 
sogenannten Schaustücken, welche nicht die wirkliche Industrie des 
Landes vertreten, reden. Es waren für dieselbe 716 Aussteller erschie 
nen, unter diesen mehrere Collectivausstellungen, ausserdem die Samm 
lungen von Japan, China und der Türkei, welche als Regierungs- oder 
Provinzialausstellungen beurtheilt werden mussten. Im Verhältniss zu 
der Bedeutung seiner Seidenindustrie war das deutsche Reich am wenig 
sten zahlreich, und zwar nur durch 47 Aussteller, vertreten, während 
Oesterreich deren 107, Frankreich 164, Italien 208, die Schweiz 52, 
Griechenland 24, England 22, Spanien. 22, Portugal 14, Ungarn 12, 
Russland 10, Schweden 3, Niederland und Belgien je einen Aussteller 
hatten. 
Beginnen wir nunmehr mit der Beurtheilung der Leistungen der 
einzelnen Länder. 
Frankreich. Frankreichs Seidenwaarenfabrikation, in erster 
Reihe dirrch Lyon vertreten, zeigte in glänzender Ausstattung, deren 
Kosten die ausserordentlich thätige Handelskammer von Lyon bestreitet, 
die vorzüglichsten Leistungen seiner Fabrikation. Die verschiedenen 
Artikel, jedesmal ausgestellt durch die ersten Häuser der betreffenden 
Branche, waren in etwa 60 Schränken in der geschmackvollsten Weise 
zur Anschauung gebracht. Wohl hatte man es verstanden, die einfa 
chen Gewebe der Zeit durch die Gegenstände der Kunstweberei, durch 
die Prachtgewebe nach mittelalterlichen Mustern für Möbel- und Tape 
tenstoffe zu heben und namentlich in den zunächst dem Beschauer sich 
zeigenden Behältern alle Schönheit und Anmutk des Gewerbes zu ver 
einigen gewusst. Sorgfältig hatte man das Unvollkommene fern gehalten, 
kein Stoff schädigte den anderen, und so entstand jenes bestechende 
Bild, welches seine allgemeine Wirkung auf das Publicum nicht ver 
fehlen konnte. Das Princip der kritiklosen Ausstellung, nach welchem
	        
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