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Volltext: Textil- und Bekleidungs-Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 5

Section Y. Posainentierarbeiten. Die Stickereien. 603 
Persien wetteifert mit den genannten Völkern in der Kunst des 
Stickens. Vor allem ist der Frauensehleier zu erwähnen, welcher in 
dem Gitter, durch welches den Frauen gestattet ist mit der Aussenwelt 
zu communiciren, den Fleiss und die Erfindungsgabe der Städterinnen 
bekundet (die freie Nomadin trägt keinen Schleier). Der Reiz des 
Frauenschleiers besteht in der unvergleichlichen Pracht der ihn ver 
zierenden Stickerei. Der untere Rand bildet eine breite Bordüre meist 
aus kleinen, zierlichen Flächenornamenten bestehend, die von grösster 
Schönheit und Mannigfaltigkeit sind. Oberhalb dieser Kante an der 
Stelle, welche gerade über die Augen fällt, ist ein durchbrochenes 
Gitter, welches mittelst Ausziehen einzelner Grundfäden nach einem 
bestimmten Muster hergestellt wird. Auch auf wollenen und dichteren 
seidenen Stoffen werden durch feine Nadelarbeit zarte Figuren und 
Arabesken hergestellt. Von besonderem Interesse für den Europäer 
sind die hauptsächlich in R e s c h t gefertigten buntgestickten Tisch 
decken, welche bei uns viel Anklang und Nachahmung finden. 
In ähnlicher Vollendung sind die türkischen Stickereien ausge 
führt; auch Aegypten übt die uralte Kunst noch heute in ausgezeich 
neter Weise; von besonderer Schönheit erschienen die prächtigen Gold 
stickereien. 
Sehen wir so im Orient fast ausschliesslich die Buntstickerei 
herrschen, so finden wir bei den Völkern Europas neben derselben vor 
nehmlich die Weissstickerei in Blüthe. Dieselbe bildet unter Anwen 
dung der Stickmaschine als Maschinenstickerei eine bedeutende Fabrik 
industrie, wenn auch die Handstickerei in ansehnlichem Maasse mit ihr 
wetteifert. Hervorragend sind besonders die Leistungen Frankreichs 
und der Schweiz. 
Frankreichs Stickerei ist, was die Gold- und Silberstickerei für 
militärische und kirchliche Zwecke, für Möbel und Confectionen, sowie 
die sogenannte Tapisserie anlangt, vornehmlich in Paris und Lyon 
zu Hause, während die Weissstickerei in dem Departement der Vogesen 
mit dem Hauptsitze Nancy geübt wird. Von beiden Genres befanden 
sich auf der Ausstellung schöne Stücke. Die kostbaren mit reichsten 
Stickereien verzierten Roben und Burnus, welche J. B. Bouillet in 
Paris ausgestellt hatte, zeigten die höchste Vollendung in der lechnik 
der Stickerei, wenn auch die Muster zum Theil mehr als bedenklich 
zu nennen waren. 
Die Schweiz besitzt eine hoch entwickelte Weissstickerei, welche 
zum Theil in bedeutenden Fabriketablissements betrieben wird. An 
der Handstickerei, die ihren Hauptsitz im Canton Appenzell hat, be 
theiligen sich Appenzell - Innerrhoden, das Rheinthal und jenseits der
	        
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