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Volltext: Textil- und Bekleidungs-Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 5

Section I. Schafwollwaaren. Die Teppichfabrikation. 453 
Vorbilde nehmen. Es ist daher die Anwendung schreiender Farben 
zu vermeiden und den Tönen der Nuancen vor Allem nicht der schrille 
Glanz zu geben, dessen Erzeugung unsere moderne Farbenchemie als 
ihre Aufgabe zu betrachten scheint- Die orientalischen Teppichweber, 
die in der Farbenzusammenstellung das Vorzüglichste leisten, geben 
den Tönen derselben bei aller Tiefe und Pracht doch einen gewissen 
Naturton, welcher die Farbe nicht als eine so zu sagen abstracte daste 
hen, sondern mit den anderen durch eine Art von „gemeinsamem 
Luftstrome“ verbunden sein lässt. (Vgl. Semper: „Der Stil in den 
technischen und tektonischen Künsten“, I. S. 46 u. 206flg. Wenn sich 
der feine Beobachter und tiefe Kenner auch irrt, dass diese Verschie 
denheit unserer grelleren Farbentöne von den matten orientalischen 
daher rührt, dass diese die Farben auf naturfarbige Fäden appliciren, 
während dies bei uns auf gebleichte geschieht.) 
Eine solche Ruhe und Harmonie der Farben erzeugt sich durch 
eine gleichmässige Vertheilung derselben über die zu belebende Fläche, 
„bei der das Auge nichts vermisst, aber auch nichts Sonderliches findet.“ 
Da jedoch die Einwirkung der Farben auf das Auge keine glefche ist, 
wird nicht eine räumlich gleiche Vertheilung der Farben einen wohl- 
thuenden Eindruck hinterlassen, sondern dieselbe muss stattfinden im 
umgekehrten Verhältnisse zu dem Vermögen der Farben, den Gesichts 
sinn zu spannen und zu reizen. Es muss daher z. B. eine aus Gelb, 
Roth und Blau zusammengesetzte Fläche, um einen gleichmässigen 
Reiz hervorzubringen, aus acht Theilen Blau, aus fünf fheilen Roth 
und aus drei Theilen Gelb bestehen. In ähnlicher Weise verhält es 
sich bei gemischten Farben (Semper). Diese Grundsätze sind bei den 
orientalischen Teppichen meist in vortrefflicher Weise befolgt und 
dadurch Muster hervorgebracht worden, die einerseits durch stilgerechte 
Composition und geschmackvolle Zusammenstellung der Ornamente 
ihres Gleichen suchen, andererseits dadurch, dass sie jeder Farbe ihr 
Recht geben und damit ein indifferentes Resultat erzeugen, auf das 
Auge den wohlthuendsten Eindruck machen. 
Der Tecknik nach unterscheidet man die orientalischen Teppiche 
in geflochtene und geknüpfte. Die geflochtenen Teppiche oder, 
wie wir sie nach einem uns gebräuchlichen für eine französische Imi 
tation derselben üblichen Ausdrucke nennen können, die gobelin 
artigen Teppiche bilden ein glattes Gewebe, dessen Kette, aus Leinen 
oder Baumwollengarn, durch einen dicht angeschlagenen wollenen 
Schuss vollständig bedeckt wird, so dass ein rippsartiger Stoff entsteht, 
Dieser Schuss wird jedoch nicht auf die ganze Breite des Stoffes ein 
getragen, sondern auf dem erwähnten rahmenförmigen Webstuhl nur 
an den Stellen, wo erwirken soll, mit der Kette verbunden. Die Weber 
— deren meistens mehrere neben einander arbeiten haben das 
Muster des Stoffes’entweder in einer Zeichnung vor sich und verschhn-
	        
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