Section I. Schafwollwaaren. Die Teppichfabrikation. 463
türkischen Genre, — in allen in vorzüglichster Vollendung der Qualität
und Muster. Diese Stoffe sind mehr oder weniger genaue Copien oder
Umarbeitungen echter orientalischer Motive, wofür sich alte Original
beispiele in schönster und reichster Auswahl in dem österreichischen
Museum für Kunst und Industrie befinden, andere sind freie Composi-
tionen, in denen das orientalische Princip festgehalten ist. Der Glanz
punkt dieser Ausstellung war der prachtvolle Teppich, aus Gold, Silber
und Seide geknüpft, die Nachahmung eines alten persischen Teppichs.
Derselbe übertrifft in Feinheit der Ausführung und Pracht des Musters
Alles, was die heutige Teppichindustrie aller Orten erzeugt.
Ausser diesem Meisterstücke waren prachtvolle Teppiche in gerin
geren Preisen (der erwähnte kostete 5000 Gulden) ausgestellt. Vor
züglich sind die Stücke, in denen das eingeknüpfte Plüschmuster mit
dem goldgelben, gobelinartig gewebten Grunde abwechselt, ferner
Teppiche in indischem Geschmacke mit kurzem, dichtem Flore aus drei-
fädigem Wollgarne. In allen bewährte sich der Geschmack und die
Solidität der Ausführung, die wie die orientalische Industrie so auch
ihre Imitationen auszeichnen müssen.
Die Nachahmung der orientalischen gobelinartigen Teppiche
beschränkt sich in Europa auf die Industrie, welche diesen Stoffen den
bei uns üblichen Namen gegeben hat, nämlich auf die Fabrikation der
Gobelins. Es sind dies kostbare auf dem Hautes-lisses-Webstuhl aus
geführte Stoffe, auf welchen bildliche Darstellungen aller Art, Poitraits,
Landschaften, historische Scenen und anderes in grösstem Farben-
reichthume und feinsten Zeichnungen, so dass sie fast den Effect von
Gemälden erreichen, hergestellt werden. Wenn auch diese Gewebe bet
uns nicht zu Teppichen, sondern zur bildlichen Decoration dei Zimmei -
wände, zu Portieren, Möbelüberzügen und Aehnlichem im Gebrauche
sind, so scheint es uns doch angemessen, sie hier nicht unberührt zu
lassen.
Die Kette dieser Stoffe besteht aus Leinen- oder Kammgarnzwirn;
der Schuss, welcher ausschliesslich das Muster erzeugt, theils aus feinem
Kammgarnzwirn, theils aus Seide. Die vollständig auf Papier gemalte
Patrone, welche zur Richtschnur bei der Auswahl und Anordnung der
Farben dient, befindet sich hinter der vertical aufgespannten Kette,
das Muster wird in seinen Umrissen, um den Arbeitern einen Anhalte
punkt bei der Anfertigung zu geben, mit schwarzer Kreide auf die
Kettfäden abgedrückt, die verschiedenfarbigen Schussfäden, welche sich
auf kleinen Spulen befinden, werden an den Stellen, an denen sie im
Gewebe erscheinen sollen, durch die Kettfäden hindurchgesteckt. Die
linke Seite ist beim Weben dem Arbeiter zugekehrt. Die Arbeit erfor
dert eine ausserordentliche Kunstfertigkeit und geht sehr- langsam von
statten. Daher der hohe Preis dieser Artikel, die, was man auch gegen
diese ganze Richtung, welche Gegenstände der hohen Kunst in Geweben