464 Gruppe V. Textil- und Bekleidungs-Industrie.
herstellt, mit Recht einwenden mag, doch immer glänzende Beweise
menschlicher Geschicklichkeit bleiben.
Ihren Ursprung leiten die Gobelins aus dem Oriente her; im Mittel-
alter wurden sie in Italien und besonders in Flandern ausgeführt, in
letzterem Lande war vornehmlich Arras durch die dort meisterhaft
hergestellten Stoffe berühmt, welche von da unter dem Namen „Arrazzi“
m ganz Europa bekannt wurden. Die berühmtesten Maler zeichneten
die Muster dazu; die Raphael’sehen Cartons und die darnach aus
geführten Stoffe sind noch heute zum Theil erhalten. Auch in Berlin
wurden im vorigen Jahrhundert diese Artikel fabricirt, die noch theil-
weise vorhanden sind (im Schlosse zu Charlottenburg u. a. 0.). Heute
ist die Fabrikation fast ausschliesslich auf Frankreich beschränkt, in
untergeordnetem Maasse auf Belgien. Vor Allen berühmt ist das Eta
blissement, dem diese Stoffe ihren jetzt üblichen Namen „Gobelins“ ver
danken, die Manufacture nationale des Gobelins inParis. Der
Ursprung derselben verliert sich bis ins 13. Jahrhundert. Es waren vor
nehmlich flandrische Weber, welche sich in Paris angesiedelt hatten und in
verschiedenen Werkstätten diese Stoffe fabricirten. Die französischen Kö
nige, denen die Pracht derselben besonders wohl gefiel, verliehen ihnen
mannigfache Privilegien, indem sie ihnen meistens die Verpflichtung
auferlegten, ihre Fabrikate ausschliesslich dem Hofe zu liefern. Louis XIII.
vereinigte endlich im Jahre 1630 die sämmtlichen in Paris bestehenden
Manufacturen in eine, der er das Haus der Gobelins zum Sitze anwies,
das sie seitdem nicht verlassen hat und von dem die Stoffe ihre heutige
Bezeichnung erhalten haben. Diese Fabrik, welche die vorzüglichsten
Künstler („artistes“) zu ihren Arbeitern zählt, auch eigene Färberei
besitzt, arbeitete ausschliesslich für den Bedarf der Krone (es ist uns
nicht bekannt, welches augenblicklich ihre Stellung ist), eine zweite Staats
fabrik, die heutige Manufacture nationale de Beauvais in diesem
Orte, liefert ihre Producte auch an andere Personen; dieselbe wurde
im Jahre 1664 durch Colbert errichtet. Beides sind Musterfabriken,
welche keine Mittel scheuen, um vollendete Artikel herzustellen. Auf
der Ausstellung' waren sie durch gediegene Stücke vertreten (dieselben
befanden sich in der Kunsthalle), welche die bekannte Meisterschaft in
der lechnik bekunden. Auch die mit ihnen in Verbindung stehenden
Unterrichtsanstalten, die Ecole detapisserie und de tapis, hatten die
Studien ihrer Zöglinge unter der Ausstellung der „Instruction pu
blique de France“ vorgeführt. Wir ersehen, wie die Schüler mit der
Anfertigung glatter bunter Streifen beginnen, dann carrirte, eckige
Figuren bilden, zu runden Contouren vorschreiten, endlich Körpertheile
und Gewänder, sowie ganze Figuren mit Gesichtsdarstellungen ausführen.
Neben diesen zwei Staatswerkstätten bestehen in Frankreich in
der Stadt Aubusson mehrere Privatfabriken, welche sich mit der Anfer
tigung von Gobelins beschäftigen. Dieselben liefern vorzugsweise zur