324 Gruppe XVIII. Bau- u. Civil-Ingenieurwesen.
sich verbreitenden Arbeiten haben die durch ihre Fieber berüchtigten
Sümpfe bereits ausserordentlich eingeschränkt und grosse Flächen
fruchtbarer und gesunder Aecker geschaffen.
Hierher gehört vor Allem auch die Entwässerung des Sees
Fucino (in der Provinz Aquila). Dieser See erfüllt ein beckenförmiges
flaches, aber von hohen Bergen eingefasstes Thal und hat keinen an
der Erdoberfläche liegenden Ausfluss, sondern bildete mit den in ihn
fallenden sehr bedeutenden Bergwässern ein abgeschlossenes Wasser
system, welches durch Verdunstung und unterirdische, natürliche und
künstliche Ableitungen im Gleichgewicht erhalten wurde. In Folge
dessen hatte der See keine constante Höhe, sondern diese wechselte mit
den Jahren sehr bedeutend, überschwemmte weite Landstrecken, machte
die in seiner Nähe liegenden Dörfer unbewohnbar und erzeugte dabei
ein höchst ungesundes Klima. Der See hat eine runde, etwas längliche
Giundfläche, die im Jahre 1860 19 500 m lang war, bei-einer grössten
Tiefe im ziemlich flachen Boden von 23 m. Seit dem vorigen Jahr
hundert bis 1816 wuchsen die Wasser des Sees stetig, dann nahmen
sie bis 1835 (im Ganzen um etwa 12m) ab, um wieder bis 1860 zu
wachsen. Von diesem Zeitpunkte ab sind die Wasser gesunken bis zur
Vollendung der vollständigen Entwässerung im Jahre 1870. Die Ober
fläche des Sees betrug 1860 15 762 Ha.
Die Börner hatten unter der Regierung des Kaisers Claudius
durch ein berühmtes Werk, welches einen Beweis für die grosse tech
nische Fertigkeit jenes energischen Volkes liefert, bereits den See durch
einen unterirdischen äusgemauerten Stollen in den tiefer liegenden Fluss
Liri abgelassen. Im Laufe der Zeit zerfiel jedoch der Canal, er war
auch für die grössten Wasserzuflüsse zu klein, und das Seebecken füllte
sich wieder. Erst in neuester Zeit hat ein Privatmann, der Fürst
Alex. Torlonia, ohne vom Staate unterstützt zu werden, es unter
nommen, durch einen neuen grösseren, dem heutigen Zustande der
Technik entsprechenden, unterirdischen Stollen den See abzuleiten und
die grossen fruchtbaren Landstrecken wieder zu erobern. Der mit
Quadern ausgemauerte Stollen hat eine lichte Höhe von 5‘76 m und
eine grösste Breite von 4'00m, von einem Querschnitte von 19'6 qm,
während der Römercanal nur 5’0 qm enthielt. Der neue Canal folgt
dem Zuge des früheren ungefähr und benutzte ihn auch theilweisö; die
Ai beit war äusserst schwierig und mühsam, des grossen Wasserandranges
und der grossen Länge (über 6 Km) wegen. Eine Menge von Schachten
konnte an verschiedenen Punkten der Oberfläche bis zum Stollen herab
getrieben werden. Der Seeboden wird durch ein Netz von rechtwinklig
sich schneidender Canäle und Strassen getrocknet und zugänglich
gemacht; der Stollen ist gegen den früheren See durch ein Ueberfallwehr
getrennt, auch kann derselbe durch Schützen und Balkenwände behufs
Reparatur abgesperrt werden. Die Ausführung war den französischen