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Section II. Wasserbau.
dehnung künstlich gedichtet werden. Die Zerklüftung der Erdschich
ten war aber auch die Ursache, dass die Speisung dieser Canalstrecke
die grössten Schwierigkeiten verursachte. Die spärlichen Wassermen
gen liegen alle in einer so grossen Tiefe, dass sie zur Speisung der
Scheitelstrecke nicht verwendet werden konnten. Man griff endlich
zu dem letzten Mittel, nämlich zum Speisen der Scheitelstrecke mit
telst Maschinen, einem Mittel, welches sich in der Regel durch die
Ueberlegung verbietet, dass eine Schifffahrtsschleuse ein Apparat ist,
der zum Transport der Schiffe eine grosse Wassermenge das Schleusen
gefälle hinabbewegt, also eine sehr grosse mechanische Arbeit fordert,
ohne irgend eine zu leisten. Man wollte hier offenbar das Princip des
Wasserweges nicht aufgeben und etwa geneigte Ebenen einschalten.
Die Scheitelstrecke bedurfte einer Speisung von 600 1 in jeder Secunde
in einer Höhe von etwa 19 m über dem Spiegel der Marne bei Cha-
lons. Zur Leistung der hierzu erforderlichen Arbeit ist das Wasser und
Gefälle der Marne selbst verwendet; durch ein Wehr wird bei Chälons
ein Theil des Marnewassers entnommen und in einem Speisegraben von
18 Km Länge bis Conde geführt, wo ein Gefälle von 3 bis 7 m ge
wonnen wird. Hier steht der Motor, fünf Turbinen mit vertioalen
Achsen, und bewegt Pumpen, welche durch zwei gusseiserne Roh
ren von 0-80 m Durchmesser das Wasser in die Scheitelhaltung pressen.
Die Einrichtung der angedeuteten Anlage mit allen den örtlichen
Verhältnissen angepassten Sieherheits- und Regulirungsapparaten is
sehr zweckmässig und gut ausgeführt.
Bemerkenswerth noch ist die mit Erfolg verwendete Dichtung der
Canäle und Zuleitungen durch zerquetschte Kreide. Boden und Wände
des . Canals werden in mehreren Schichten mit Schotter von Kreide be
deckt und Alles wie eine Kunststrasse mit einer Chausseewalze zer
drückt und zusammengepresst. Die Anlagen zur künstlichen Speisung
der Scheitelstrecke haben 2'/, Millionen Francs gekostet; die jährlichen
Betriebskosten betragen 20 000 Francs, was ohne Rücksicht aut die
Verzinsung des Anlagecapitals bei täglicher mittlerer Wasserforderung
von 50 823 cbm für die Arbeit des Hebens von 1000 cbm Wasser auf
1 m Höhe die sehr kleine Summe von 0'05 Francs macht.
Eine eigentümliche Dichtungsarbgit am kaiserlichen Ba
nale bei Saragoza brachte das spanische Bautenministerium
durch ein Modell zur Anschauung.
Der Canal traf auf eine so ausserordentlich durchlassende und
zerklüftete Kalkschicht, die wieder auf einer Kiesbank lag, dass man
sich entschloss, unter ihm in dieser Strecke eine Bogenstellung aus
Mauerwerk auszuführen, die in ihren Pfeilern bis auf den Felsen unter
halb der erwähnten Kiesschicht herabreicht. Das ganze Bogenmauer
werk ist nachher wieder mit dem Erdmaterial aiisgefüllt worden, so
dass es sich nach der Vollendung des Baues dem Blicke entzieht.