Section II. Wasserbau. 341
Nach Beendigung der schon weit vorgeschrittenen Arbeiten wird
unzweifelhaft ein bedeutendes und für alle Verhältnisse vortheilhaftes
Sinken der Wasserstände eintreten; ob jedoch durch ein eintretendes
Ausgleichen des Längenprofils nicht stromaufwärts von Wien eine
nachtheilige Stromschnelle sich zu erkennen geben wird, da die Sand
steinfelsen, welche den Wienerwald aufbauen, in weiter Erstreckung
im Strombette blosszuliegen scheinen, dürfte noch fraglich sein.
Die vom Staate, der Provinz und der Stadt zu gleichen Theilen
getragenen Kosten des grossartigen Unternehmens waren auf 4U ■> Mill.
Gulden angenommen, steigern sich jedoch bis auf 33 Mill., da seit
her durch die Donau-Kegulirungscommission weitere Bauten, unter
anderen eine Strassenbrücke, durch welche der Grundwerth der ge
wonnenen Flächen wesentlich erhöht worden, in die Hand genommen
wurden.
An der Spitze der technischen Leitung der Donauregulirung bei
Wien steht der Ministerialrath Gustav Wex. Die Ausführung der
Arbeiten ist den bekannten Unternehmern A. Castor, A. Couvreux
H. Hersent übertragen worden.
Als besonders verdienstvoll ist anzuerkennen, dass die oben
genannten Unternehmer mit Erfolg die Verwendung von Dampfkraft
zum Betriebe der Arbeitsmaschinen verschiedenster Gattung in zweck
mässiger und billiger Form eingeführt haben; sie sind hierdurch nach
Möglichkeit von der Menschenkraft bei Bewältigung grosser Arbeiten
unabhängig geworden und vermochten überaus grosse Leistungen aus
zuführen, wo die Vereinigung vieler Arbeiter unmöglich oder uner
schwinglich theuer geworden wäre. Die bei der Donauregulirung bei
Wien benutzten Maschinen sind theilweise bei der Durchstechung der
Landenge von Suez thätig gewesen, theilweise sind dieselben nach den
dort gemachten Erfahrungen construirt worden. Ueber die Grosse der
Erdbewegung bei der Donauregulirung gewinnt man ein Bild durch
folgende Zahlen: 6V2 Mill. cbm Erde (meist Gerolle) über dem klein
sten Wasser zu gewinnen, 7i/ s Mill. cbm Erde zu baggern unter
dem kleinsten Wasser bis zur Flusssohle und auf meist grosse Entfer
nungen zu transportiren. Der Transport geschieht fast ausschliesslich
in Kippwagen von 4\Ö bis 5 cbm Inhalt auf Eisenbahnen mittelst Locomo-
tiven; nur ausnahmsweise waren Baggernachen mit Bodenklappen im
Gebrauch.
Die grösste Schwierigkeit verursacht nicht das Baggern selbst,
sondern die Verbringung des Erdmaterials in die Bahnwagen. Die zu
diesem Zwecke in Benutzung getretenen Apparate sind folgende.
1. Man lässt die gebaggerte Erde nicht in einen Baggernachen
direct fallen, sondern in geeignete Gefässe, welche am Ufer durch Dampf-
krahne gehoben und in die Wagen durch Umkippen entleert werden.
Diese Methode ist umständlich, theuer, weil man stets die todte Last