Section II. Thonwaaren.
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die Ziegelfabrikation, begünstigt durch erleichterten Kohlentransport
und gefördert durch die Vortheile, welche das Product beim Bau bietet,
immer weiter auch in gesteinreiche Gebirgsthäler ein. In Wien, wo
noch zu Anfang des Jahrhunderts der Ziegel beim Hausbau sehr geringe
Anwendung fand, wird jetzt fast nur mehr in Ziegel gebaut'. Aller
dings sind es verhältnissmässig erst wenige Gebäude, welche dies Mate
rial offen zur Schau tragen, die meisten lieben es, durch den trefflichen
Cement verführt, einen oft colossalen Quaderbau zu fingiren, dem die
Ziegel nur als Unterlage dienen. Es verstand sich von selbst, dass
ein so allgemein verbreitetes, sich überall ziemlich gleichsehendes Fabri
kat an den meisten Orten nicht der Mühe werth erachtet wurde, ein-
gesandt zu werden. Doch hatte Holland, das Land, wo die Ziegel,
namentlich die Klinker, seit jeher das erste Bedürfniss waren und am
besten fabricirt wurden, eine schöne und vollständige Collection seiner
verschiedenen Ziegelfabrikate eingesandt. Es geschah dies namentlich
durch F. L. Visser in Workum, Gebrüder Ravestoyn und H. C.
van Heukelom & Co., beide in Utrecht, A.TNl.Lint in Delft, Clausen
& Plant in Velp (Maschinenziegel) und J. Zepert in Lieuwarden.
Die österreichische Ziegelfabrikation und nicht nur diese, son
dern die Fabrikation aller zu architektonischen Werken verlangten
Thonerzeugnisse war durch die Ausstellung der Wiener Berg-
Ziegel fab rik s - und B augesellscha ft (Ziegel ei Verwalter
W. Rambauseck und Chefmodelleur C. Richter) aufs Glän
zendste vertreten. Die von Miesbach gegründete und von Dräsche
weitergeführte und vergrösserte Ziegelei übertrifft an Massenpro-
duction alle irgend existirenden Anlagen. Es war ihr möglich, jährlich
167 Millionen Ziegel — für den Bau des Ausstellungsgebäudes inner
halb drei Monaten 20 Millionen, d h. täglich 1 / 3 Million Ziegel — ohne
ihre übrigen Kunden zu vernachlässigen, zu liefern. Die in ihrem Be
sitz befindlichen Thonlager bei Wien sind unerschöpflich und ihre Aus
beute eine massenhafte, sowohl durch Maschinen- und Ringofenbetrieb,
als durch grossartige Disposition der sämmtlichen (neun) Anlagen und
ein zahlreiches (94) Beamten- und (6000 bis 7000) Arbeiterpersonal, für
dessen Wohl durch Pensions- und Wittwencassen, Arbeiter-Kranken
unterstützungsvereine , Krankenhäuser und Kindergärten ausgiebig ge
sorgt ist; wie dies eine von der Gesellschaft ausgegebene Broschüre
darlegt. In derselben ist auch durch eine graphische Darstellung das
erzeugte Ziegel- und das verbrauchte Kohlenquantum ersichtlich, und
von grossem Interesse zu ersehen, dass, wenn man früher mit 120 000
Centner Kohlen 74 Millionen Ziegel machte, nach Einführung des Ring
ofens die Production mehr als das Doppelte, nämlich 167 Millionen
Ziegel mit 120 000 Centner Kohlen wurde. Die Ziegel sind allerdings
nur die gewöhnlichen, allein es werden auch Terracotten in grosser