4G6 Gruppe IX. Industrie der Stein-, Thon- u. Glaswaaren.
Gläser zu machen verstand, die Gemälde in den Gräbern von Beni
Hassan, welche 2000 Jahre vor Christi Gehurt hinaufreichen, stellen
schon Glasbläser dar, welche Glaskugeln erwärmen und ausblasen. Die
Glasmasse wurde schon damals in Häfen, welche in Oefen standen, ge
schmolzen, indem man diese ursprünglich mit Holz, später mit Stein-
und Braunkohlen und in neuerer Zeit, wo man deren Gas benutzt,
auch selbst mit Torf heizte.
Schon vor einigen Decennien begann man Schmelzöfen zu con-
struiren, welchen das aus dem Brennmaterial in abgesonderten Räumen
erzeugte Gas zugeführt wurde, ohne jedoch damit einen günstigen
Erfolg zu erzielen. Erst der Neuzeit war es Vorbehalten, das Problem
der Gasfeuerung .praktisch zu lösen. Schinz und Siemens haben
die Bahn gebrochen. Schinz, indem er das Gas durch Gebläse in den
Ofen trieb, Siemens in Dresden, indem er es durch einen Kamin
hineinsaugen lässt. Wenn durch Beide eine Brennmaterialersparniss
von 50 Proc. erlangt wurde, so stellte sich das Siemens’sche System
in Anlage und Betriebskosten doch viel billiger, als das erstgenannte.
Ebenso wichtig als die Gasfeuerung ist der durch Siemens W annen-
ofen ermöglichte continuirliche Betrieb. Die Glasmacher arbeiten dabei
alle aus einer grossen gemeinschaftlichen Wanne, welche auf dem einen
Ende fortwährend mit dem Glassatz beschickt wird, und über welcher
die in dem Regenerator erhitzten Gase verbrennen. An dem anderen
Ende schwimmen Chamotteringe, aus welchen die Glasmacher das Glas
entnehmen, und welche die auf der Glasmasse schwimmenden Unrein
lichkeiten abhalten. Durch diese Einrichtung sind somit die einzelnen
Glashafen beseitigt und etwa V3 Raum für die Glasmasse gewonnen;
die Wanne wird nie leer und der Hitzegrad ist ein viel höherer, daher
kann der Glassatz viel härter, d. h. ärmer an kostspieligen alkalischen
Bestandtheilen, an Potasche, Soda und Glaubersalz, und reicher an wohl
feiler Kieselsäure sein, und gewinnt die Güte des Glases zugleich
bedeutend, da alkalireiche Gläser viel leichter entglasen und weniger
widerstandsfähig sind als kieselreiche.
So gestattet also der Siemens’sche Wannenofen die Verwendung
der billigsten Schmelzmaterialien, Feldspath, Granit, Basalt, selbst in
faustgrossen Stücken, sowie des billigsten Brennmaterials, da nur das
Gas benutzt und beliebig mit atmosphärischer Luft da, wo man es
über der Glasmasse am nützlichsten findet, verbrannt wird. Der hohe
Werth des Siemens’schen Systems ist durch dessen rasche Verbrei
tung in allen Ländern, welche Glas produciren, anerkannt, und durch
Ertheilung des Ehrendiploms zum Ausdruck gekommen.
Durch die Sophienhütte bei Schadowitz in Böhmen war das
Modell eines Gasofens von Kl ein Wächter aufgestellt, welches zwar
von zweckmässiger Construction zeugte, über dessen praktischen Werth
jedoch genauere Daten nicht Vorlagen.