Section III. Glasindustrie. 407
Als Ersatz des Diamants hatte J. Legrady in Allakin'g in
Niederösterreich eine Metallcomposition erfunden und ausgestellt,
welche zum Glasschneiden vorzüglich ist; auch seine mannigfaltigen
Fassungen wirklicher Glaserdiamanten fanden Anerkennung.
I). C. Tilghm an in Philadelphia x ) hatte eine Maschine aufgestellt,
welche mittelst Dampf oder Luft einen Sandstrahl auf das Glas bläst,
und dadurch eine Gravirung ähnlich der bisher durch Kupferrädchen
und Smirgel bewirkten entstehen lässt.
Das ursprüngliche Krystallglas, wie es heute noch als böhmi
scher Kry stall im Handel vorkommt, ist ein Kali - Kalk - Silicat,
dessen Rohstoffe Quarzsand, Kalkstein und Potasche bilden. Als man
in England die Krystallfabrikation einführen wollte, zeigte sich, dass
bei Steinkohlenfeuerung die Glasmasse in offenen Häfen durch den
Rauch zu sehr verunreinigt wurde, und ein schöner Krystall nicht her
gestellt werden konnte. Man musste daher den Schmelzprocess in
gedeckten Hafen vornehmen, welche aber den Nachtheil hatten, die von
der Ofenkappe reflectirende Hitze von der Glasmasse abzuhalten und
daher hartflüssiges Glas, wie Kali-Kalk-Silicate, nicht zum Schmelzen
gelangen zu lassen. Man war daher genöthigt, einen flüssigeren
Satz zu wählen, was durch den Ersatz des Kalkes durch Bleioxyd ge
schah. Gegenwärtig ist der englische Krystall dem äusseren Ansehen
nach der schönste,, ebenso wasserhell wie der beste böhmische über
trifft er diesen an Glanz, Lichtbrechungsvermögen (oder vielmehr
Dispersion), Politurfähigkeit und Metallklang, dagegen steht er ihm
nach durch seine Weichheit und leichte Ritzbarkeit. Bei gewissen
Artikeln wie Lüstern, bei welchen die Dispersion des Bleiglases die Aus
breitung des prismatischen Farbenspiels gegen die der Kalkgläser um
das Doppelte vergrössert und daher die Pracht und das Feuer, auf
welche es so wesentlich ankommt, sehr vermehrt, beginnt der Blei-
krystall den Kalkkrystall allmälig zu verdrängen, und wird ihn ganz
verdrängen, wenn Beimischungen gefunden werden, welche seine Härte,
unbeschadet der anderen Eigenschaften, erhöhen.
In Bleikrystall war die Ausstellung von J. Green in London aus
gezeichnet insonderheit auch durch' einen grossen ganz farblosen
wasserhellen Krystallblock mit einem Glasmedaillon mit einer Locke
Napoleon’s I. Man liebt es eben auch dem an sich Besten noch etwas
anzuheften, was auch das Erstaunen des Laien in Bewegung setzt.
Seine trefflichen Gravirungen brachten die ganze charakteristische
Schönheit des Krystalls, seine Feinheit, Farblosigkeit und Klarheit zur
Geltung, und beeinträchtigten nicht seinen reinen Glockenklang. Auf
seine an Glanz und Farbenspiel ausgezeichneten Kronleuchter kommen
wir später zurück. Pellat &Co. in London zeichneten sich nicht min
der durch den schönen Schliff ihrer Krystallgläser aus.
Vergl. d. Bd. S. 145.
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