Section II. Uhren.
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astronomische Uhr aus dem vorigen Jahrhundert, welche durch die
Einfachheit des Gedankens (vier Zeiger aus demselben Mittelpunkte
lösen eine ganze Reihe astronomischer Aufgaben) jedenfalls viele ihrer
ausgestellten Schwestern übertraf.
Das Geschäft wurde früher . ausschliesslich als Hausindustrie mit
Arbeitstheilung in etwa zwölf verschiedenen Geschäftsstufen, als: Schild
spalter, Schilddreher, Schildmaler, Gestellmacher, Räder- und Glocken-
giesser, Ketten- und Kettenradmacher, Tonfedernmacher, Kasten
schreiner u. s. w. betrieben, von welchen der Uhrenmacher die Bestand
teile kaufte. Doch sind in letzter Zeit auch grössere Fabriken ent
standen, welche bei vollkommenster Arbeitstheilung und Anwendung
von Wasser- und Dampf kraft alle Theile und die fertige Uhr erzeugen.
So beschäftigt die Actiengesellschaft inLenzkirch etwa 600
Arbeiter. Allein auch die Bearbeitung der einzelnen Theile wird jetzt
mehr im Grossen betrieben. So lässt der Giesser jetzt die Räder ab
drehen und durch selbstthätige Maschinen, deren sechs von einem
Manne bedient werden, zahnen. An Wasserkräften hierfür hat es kei
nen Mangel.
Die Production des Sehwarzwaldes steigerte sich von Jahr zu Jahr.
Im Jahre 1796 wurde die Zahl der jährlich fertig gewordenen
Uhren auf 75 000, im Jahre 1808 auf 200000 und im Jahre 1862 auf
1 000 000 gebracht. Sie betrug 1872 an 1800 000 Stück, im Wertke
von etwa 10 Milk Gulden; hierunter sind aber die Musikwerke und
Thurmuhren nicht begriffen, von welchen leider nichts zur Ausstel
lung kam.
Der Schwarzwald besitzt auch eine ziemliche Zahl von Werkzeug
fabriken , von welchen jedoch nur zwei die Ausstellung beschickten.
In den feineren Werkzeugen ist er zum Theil noch von der Schweiz
abhängig, woher auch die deutschen Taschenuhrenmacher ihre Rohwerke
beziehen. Einen in neuerer Zeit sehr begehrten und darum in grossen
Quantitäten verfertigten Artikel bilden die sogenannten Schiffsuhren,
d. h. Zugfederuhren mit mittelgrossem Werke, ziemlich grossem Ziffer
blatte in runder oder eckiger, einfacher Fassung, welche statt des Pen
dels einen Taschenuhrenankergang haben und darum in jeder Lage gehen.
Ausser auf dem Schwarzwalde werden im Deutschen Reiche nur noch
in Freiburg in Schlesien Pendeluhren in grösserem Maassstabe gefer
tigt (Gustav Becker und H. Endler & Co.); das Geschäft wird mit
Arbeitstheilung und Dampf- und Wasserkraft betrieben, und erste-
res soll einen Umsatz von circa 600 000 Rmk. haben. Taschenuhren
werden von Lange & Söhne in Glashütte in Sachsen in grossem Um
fange gefertigt.
Die Herstellung von Thurmuhren und feinen astronomischen
Pendeluhren sowie von Marinechronometern ist entweder von keiner
Localität abhängig, oder befindet sich in den Hafenstädten und bei den
Wiener Weltausstellung. II. 35