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Gruppe XY. Musikalische Instrumente.
hatte. Zum Theil war das von Praetorius beschriebene Instrument
schon bundfrei, was von diesem besonders bemerkt und hervorgehoben
wird.
Im 17. Jahrhundert scheinen die Bünde noch meist im Gebrauche
gewesen zu sein, wogegen das 18. Jahrhundert sich von diesen voll
ständig frei machte.
Bei der ältesten Art des Clavichords sind die Saiten gleich lang;
die Verschiedenheit der Tonhöhe findet ihre Erklärung in der verschie
denen Dicke und Spannung, gleich wie die Violine gleich lange Saiten,
aber solche von verschiedener Dicke und Spannung hat.
Das Clavicymbalum dagegen lässt zu Anfang des 16. Jahrhunderts
eine Form wahrnehmen, bei welcher sich die Saiten von ungleicher
Länge über den Resonanzboden „harfenartig“ gespannt zeigen und
diese harfenartige Form mag wohl zu der späteren harfenartigen Bau
art des Kastens Veranlassung gegeben haben. Da nun dieselbe auch
Aehnlichkeit mit dem Flügel eines Vogels hat, so führte man schon
zu den Zeiten des Praetorius für das ausgebildetere Clavicymbalum
die Benennung „Flügel“ ein. Praetorius sagt hierüber: Clavicym
balum oder Gravecybalum ist ein länglicht Instrument, wird von etlichen
ein Flügel, weil es also formiret ist, genennet. Von etlichen sed male
(aber schlecht) ein Schweinskopf, weil es so spitzig, wie ein wilder
Schweinskopf vörnen an zugeht und ist von starkem hellen, fast lieb
licheren Resonantz und Laut, mehr als die anderen, wegen der doppel
ten, dreifachen, ja auch wohl vierfächtigen Saiten. Wie ich dann eins
gesehen, welches zwei Aecjual, ein Quint und ein Oetavlin von eitel
Saiten gehabt hat: Und gar wohl lieblich und prächtig in einander
geklungen.“ Seine beigegebene Figur zeigt, wie sich bereits im
17. Jahrhundert unsere Flügelform zu entwickeln begann. Hieran
knüpft sich nun die Beschreibung desMichael Praetorius von einem
sogenannten Universalclavicymbal, welches derselbe bei Herrn Carl
Luyton, Rom. Kaiserl. Majestät vornehmem Componisten und Organi
sten zu Trag, gesehen haben will. Dasselbe habe mit seinen sauber
und fieissig gearbeiteten Saiten den Vorzug besessen, dass man alle'
Klanggeschlechter auf demselben habe darstellen können. Ja nicht
bloss die Töne cis und des, dis und es u. s. w. wären durch besondere
Tasten vertreten gewesen, sondern auch zwischen den diatonischen
Halbton e-f habe man noch einen Clavis eingeschoben, um die Geschlech
ter rein und schön zu erhalten, so dass die Claviatur vom kleinen c
bis zum dreigestrichenen c in 77 Claves getheilt war. Man konnte
das Instrument sieben Mal im Tone verrücken und um drei volle Töne
transponiren, woraus ersichtlich ist, dass man für cis und des, für dis
und es besondere Tonarten auf demselben angebracht hatte. Die Ver
rückung konnte also geschehen von c nach cis, nach des, nach d, nach
dis, nach es, nach e, wodurch auch denjenigen eine Erleichterung ge-