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Volltext: Musikalische Instrumente, Wiener Weltausstellung Heft 12

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Gruppe XV. Musikalische Instrumente. 
Tongehalt, als die natürliche, kräftige Elasticität der Finger hervor 
zubringen vermag. Im ersten Augenblicke fühlt man sich zwar etwas 
unbehaglich, weil wir, besonders im Forte der Rouladen, die Taste bis 
auf den Grund fassen, was hier mehr oberflächlich, mehr leichthin 
geschehen muss, da man sonst nur mit höchster Anstrengung fortkom- 
men und die Fertigkeit doppelt erschweren würde. Dagegen bekommt 
der Gesang auf diesen Instrumenten durch Jie Fülle des Tones einen 
eigenen Reiz und harmonischen Wohllaut. Indessen habe ich beob 
achtet, dass, so stark diese Instrumente im Zimmer tönen, sie dennoch 
in einem grossen Locale die Natur ihres Tones verändern und hei 
complicirterer Orchesterhegleitung weniger durchdringen, als die unseri- 
gen, welches, nach meiner Meinung, dem oft gar zu dicken, vollen 
Tone zuzuschreiben ist.“ Diese Mechaniken herrschten 1851 auf der 
Londoner Ausstellung, wo Broadwood und Erard um die Palme 
rangen und die Fabrikanten der übrigen Länder nur secundäre Bedeu 
tung gewinnen konnten. Dagegen machte sich bereits auf der Lon 
doner Ausstellung 1862 das deutsche Element mehr geltend und zwar 
durch den Berliner Bechstein, welcher die von Chickering in 
Newyork verbesserte englische Mechanik anwandte, durch den Leip 
ziger Blüthner, durch Streicher, Ehrbar (Nachfolger von Seuf- 
fert), Bösendorfer inWien und durch das Haus Stein way & Söhn e 
in Newyork. Obgleich diese letztgenannte Fabrik, jetzt unbedingt die 
berühmteste der Welt, in Amerika ihr Hauptgeschäft besitzt, ist den 
noch im Deutschen Reiche ihr Ursprung zu suchen, und mit vollem 
Nachdruck muss betont werden, dass Theodor Steinway (Stein 
weg), einer der erfindungsreichen Söhne des hochachtbaren Gründers, 
in der ersten Hälfte der sechsziger Jahre in Braunschweig das grosse 
Geschäft in Amerika für Deutschland selbstständig vertrat ’). Wenn 
nun auch 1862in London Broadwood wiederum die Oberhand behielt 
und das Erard’sche Double-Echappement in der Vereinfachung von 
Herz in Paris sowie Pleyl’s Mechanik nach Broadwood’schein 
Muster das meiste Aufsehen erregte, so war doch bereits der Grund 
zur Beachtung auch solcher Fabrikate gelegt, welche nicht in London 
oder in Paris entstanden waren. Den Hauptschlag gegen den Stillstand 
der erwähnten alten Systeme, welche von den Engländern und Fran 
zosen für unantastbar gehalten wurden, führte auf der Pariser Welt 
ausstellung 1867 das genannte Haus Stein way & S ohne, welches 
x ) Das Geschäft in Braunschweig gab Theodor Steinway aber nach 
dem Tode seines kenntnissreichen Bruders Henry auf, weil seine Anwesen 
heit in Newyork erforderlich war. Junge Fabrikanten in Braunschweig er 
hielten von Steinway das Recht, auf ihre Firma „Steinway Nachfol 
ger“ zu setzen; sie sind aber mit dem berühmten Hause Steinway durch 
aus nicht zu verwechseln, wo es sich um die Beurtheilung von Instrumen 
ten handelt.
	        
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