Section I. Tasteninstrumente.
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Instructionen erhalten und die einzelnen Arbeiter zu überwachen haben.
Hierbei bewährt sich die richtige Arbeitseinteilung ausserordentlich.
Während früher in den Fabriken der Arbeiter nach dem Stück Lohn
erhielt, weil er sein Instrument von Anfang bis zur Intonation her
steilen musste, sind jetzt die einzelnen Zweige in der Blüthner’schen
Fabrik streng geschieden. Tischler, Mechaniker, Resonanzbodenverferti
ger etc. sind je nach derGattung der Instrumente nur für einzelne Bestand
teile derselben in Thätigkeit, die Zusammensetzer haben dann die
Aufgabe, die einzelnen Theile zusammenzufügen, das Egalisiren ge
schieht wieder von anderen Händen und über die sauberste und schönste
Intonation wacht ganz besonders der Chef selbst. So wird eine Arbeiter-
classe gewissermaassen immer von der anderen geprüft und zuletzt über
nimmt die Generalprüfung der Besitzer oder einer seiner besten Werk
führer.
Die Güte der herrlichen Instrumente wurde auf der Wiener Weltaus
stellung wiederum allgemein anerkannt. Der grosse, edle Ton, die schöne
Klangfarbe in den einzelnen Registern, die subtilste Nüancirungsfähigkeit
und die mit strengster Solidität vollendete Arbeit verschafften den
drei ausgestellten Instrumenten: einem kreuzsaitigen Concertflügel mit
eigener patentirter Mechanik (2550 Rmk.), einem kreuzsaitigen Concert
flügel mit Erard’scher Mechanik (2550 Rmk.) und einem kreuzsaitigen
Salonflügel aus Ebenholz (3780 Rmk.) die höchste Auszeichnung.
Unbedingt ist dieBlüthner’sche Mechanik auch einMoment, auf welches
ganz besonderes Gewicht zu legen ist, weil ja nach den Gesetzen der
Akustik, welche Helmholtz auch mit besonderer Rücksicht auf das
Clavier in neuester Zeit entwickelt hat, auf die Art und Weise des
HammeranSchlags bei Erzeugung eines schönen Tones ungemein viel an
kommt. Gestützt auf seine reichen Erfahrungen in der Resonanzboden
legung und im Arrangement der Saiten war es ganz besonders Blüth-
ner’s eifriges Streben, den Ton durch passenden Hammeranschlag
mehr und mehr zu vervollkommnen und zur Erzeugung dieser Klang-
schönheit erdachte er jene ausgezeichnete Mechanik, welche von Pia
nisten und Pädagogen mit Recht gerühmt, von kleineren Fabrikanten
vielfach nachgeahmt wird. In Folge jenes eifrigen Nachdenkens und
Forschern entstand auch das „Lehrbuch des Pianofortebaues von J. Blüth -
ner und H. Gretschel“, welches die bewährtesten Mechaniken anderer
Fabriken in Wort und Bild darlegt und auch die eigene Mechanik in
der offensten Weise zergliedert. Dieselbe besteht in folgendem Arran
gement:
Auf dem Clavis ist eine durch ein Paar Schrauben gehörig zu
stellende Brücke angebracht, an deren Ende sich der in einer Gabel
drehbare Stösser befindet, der die Form eines Winkelhebels besitzt.
Der horizontale Arm desselben wird durch eine zarte Feder vom Clavis
weggedrückt, während der andere verticale Arm gegen eine gehörig
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