237
Section I. Gold- und Silberarbeit, Juwelierarbeit.
Cursus für Musterzeichnen für Damen ist eingerichtet. Das bisherige
Gebäude bietet bei Weitem nicht die erforderlichen Räumlichkeiten
und soll nach dem Plane der königlichen Regierung ein grossartiger
Neubau an dessen Stelle treten, in welchem dann auch eine Classe für
Emailmalerei Platz finden soll.
Zur Fortbildung von Erwachsenen veranstaltet der seit einigen
Jahren bestehende Kunstindustrieverein im Winter Vorträge auswärtiger
Capacitäten über einschlagende Themata, welche sowohl von Damen als
Herren zahlreich besucht werden. Unlängst veranlasste derselbe eine Aus
stellung des Schmuckes, welchen Ihre königl. Hoheit, die Kronprinzessin
von Deutschland, zum Tauffeste ihres jüngsten Kindes von Sr. königl. Ho
heit, dem Kronprinzen von Italien, erhalten hat. Derselbe ist vom Herzog
von Sermoneta gezeichnet und von Castellani in Rom gearbeitet.
Von Zeit zu Zeit, etwa alle drei Jahre, werden Schülerarbeiten der Akade
mie öffentlich ausgestellt und Preismedaillen an hervorragende Leistun
gen vertheilt.
Man ersieht daraus, dass auch hier das Streben nach künstleri
scher Gestaltung der Waare unablässig gepflegt wird. Wenn trotz
dem die Producte Hanaus den .künstlerisch gebildeten Geschmack nicht
immer sympathisch berühren, so fällt der grössere Elieil der Schuld
auf das kaufende Publicum, in welchem der Sinn für anerkannt Schönes
noch ausserordentlich schwach entwickelt ist und bei welchem an Stelle
des Geschmackes die tyrannische Mode tritt. So lange aber die Mode
noch eine Macht ist, welcher sich der grösste Pheil der civilisirten W eit
beugt und so lange die Anforderungen an künstlerischen Bau und
Ausschmückung unserer Handelsartikel noch zu den Seltenheiten gehö
ren, kann man dem Fabrikanten, von dem oft zahlreiche Arbeiter und
ihre Familien mit ihrer Existenz abhängen, wohl nicht zumuthen, gegen
den Strom zu schwimmen und in geläutertem Geschmack speculiren zu
sollen. Bis in die neueste Zeit wären wohl alle solchen Bestrebungen
erfolglos geblieben und hätten den Geschäftsmann nur ins Verderben
geführt.
Schwäbisch. - Gmünd verfertigte noch vor etwa 25 Jahren eine
eigenthümliche Sorte von vergoldeten unechten Schmuck- und Galanterie-
waaren, hauptsächlich aus Tomback und ähnlichen Legirungen, Gmün
der Gold genannt, welche 1829 294 Meister mit 85 Gehilfen, 1S35
aber, wo mehr echte, in 6- bis Skaratigem Golde ausgelührte V aaren
verlangt wurden, 210 Meister mit 145 Gehilfen beschäftigten. Mit
der Zeit steigerten sich aber die Ansprüche der Consumenten in Bezug
auf schöne Form und Feingehalt und da die kleineren, capitalarmen
Meister diesen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden konnten, so
gerieth die Fabrikation mehr und mehr in Verfall. Nur einige mit