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Volltext: Chemische Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 16

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Künstliche Erzeugung von Kälte und Eis. 
milchig weiss. Aus diesem gegenüber dem glasartig durchsichtigen 
Natureis so verschiedenen Aussehen hat man die sonderbarsten Schlüsse 
gezogen über dessen Verhalten; bald sollte es grössere, bald geringere 
Dauer besitzen, bald mehr, bald weniger kühlen wie das Natureis. 
Die Wahrheit ist, dass sich das Kunsteis von dem Natureis in keiner 
Hinsicht unterscheidet, als durch sein Aussehen. Kommt dasselbe 
frisch aus der Maschine, so ist es allerdings kälter wie ein Stück Eis 
aus dem Eiskeller, und schmilzt aus diesem Grunde etwas langsamer an 
der Luft. Gleich grosse Stücke Natureis und Maschineneis von gleich 
niedriger Temperatur schmelzen aber unter ähnlichen äusseren 
Bedingungen gleich langsam oder rasch, und bewirken gleiche Ab 
kühlung. 
Noch einige seltsame Vorschläge der Temperaturerniedrigung 
müssen schliesslich erwähnt werden. J. B. Toselli in Paris lasst 
ein spiralförmig gewundenes Rohr in einem Gefäss mit Wasser 
rotiren, aus dem es zugleich jedesmal eine gewisse Menge schöpft 
und in ein daneben befindliches Gefäss überträgt, von wo es 
in einem Schlangenrohr in das erste Gefäss wieder zurückläuft. Bei 
der Drehung benetzt sich die Spirale an der ganzen Oberfläche; 
ein Ventilator bläst Luft auf dieselbe, verdunstet das anhängende 
Wasser und erniedrigt dadurch die Temperatur des Rohrs und des 
darin befindlichen Wassers. Je nach der Witterung soll eine Abküh 
lung von 2’7° bis 18'3° C. erfolgen. In dem zweiten Gefäss, welches 
von dem kalten Wasser in einem Schlangenrohr durchlaufen wird, be 
findet sich die zu kühlende Flüssigkeit, z. B. Bierwürze, künstliches 
Mineralwasser i). Der Erfolg hierbei kann nur ein geringer sein, da er 
ganz von der Temperatur und dem nie fehlenden Feuchtigkeitsgehalt 
der Luft abhängt. Die Nasskälte eines am Versuchsorte aufgestellten 
Psychrometers bestimmt denselben mit ziemlicher Genauigkeit im 
Voraus. 
Ballo 2 ) in Pest will Kälte dadurch erzeugen, dass er Luft mit 
telst Babo’s Mostpeitsche (d. h. sehr fein vertheilt) durch Schwefel 
kohlenstoff treibt. Nur bietet ihm vorerst die Condensation resp. 
Wiedergewinnung der Substanz Schwierigkeit. Daran muss nun in 
Wirklichkeit das ganze Project auch scheitern. Eine Wiedergewinnung 
des Schwefelkohlenstoffs auf anderem Wege, als durch Verdichtung und 
Abkühlung der damit gesättigten Luft, in Ermangelung geeigneter 
Lösungsmittel, ist unmöglich, und würde dies besondere Schwierig 
keiten machen und grosse Arbeitskraft erfordern; man gelangte dann 
auf das Princip der Luftmaschine. Das Problem in dieser Richtung 
ist praktisch ganz unlösbar. 
i) Toselli, Mech. Mag. 1872, 433; Dingl. pol. J. CCV, 28. 2 ) Ballo, 
Dingl. pol. J. CCXI, 345.
	        
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