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Gruppe III. Chemische Industrie.
barium liefert. Einfacher übrigens ist offenbar die in der Praxis längst zur
Anwendung gekommene Methode, das durch Reduction aus schwefel
saurem Barium darstellbare Schwefelbarium durch Jod zu zersetzen.
Fluor.
Das Fluor, von welchem man eine Zeit lang hoffte, dass seine Ver
bindungen einer bedeutenden technischen Verwendbarkeit entgegen
gingen, hat den von ihm gehegten Erwartungen in keiner Weise ent
sprochen. Viele Versuche, die bis zum Jahre 1867 gemacht worden
sind, ihm einen hervorragenden Platz in der chemischen Industrie zu
verschaffen, haben sich in der Folge als gescheitert erwiesen. Unter
andern erinnere man sich der Vorschläge, welche Weldon 1 ) machte,
mit Hilfe von Flusssäure Soda darzustellen. Nach ihm soll man eine
Lösung von Glaubersalz mittelst Flusssäure zersetzen, welche durch
Erhitzen eines Gemenges von Fluormagnesium und Schwefelsäure oder
durch Zersetzung von Fluornatrium mittelst überhitzten Wasserdampfes
erhalten wird. Das Glaubersalz wird dadurch in saures schwefelsaures
Natrium, welches in Lösung bleibt, und Fluornatrinm, welches sich aus
scheidet, gespalten. Das gebildete Fluornatrium wird entweder durch
überhitzten Wasserdampf in Flusssäure und Natriumhydrat oder mit
Magnesia in Natriumhydrat und Fluormagnesium umgesetzt. Die
hierfür nothwendige Magnesia wird dadurch gewonnen, dass man Koch
salz mit Bittersalz (Mg S0 4 -)- IL 0) glüht, wodurch Magnesia, Salzsäure
und Glaubersalz entsteht, welches letztere, wie oben erwähnt, zur Dar
stellung des Fluornatriums dient. Das durch Zersetzung des Fluor
natriums mit Magnesia gebildete Fluormagnesium dient zur Darstellung
von Flusssäure, indem es mit dem im ersten Process erhaltenen sauren
schwefelsauren Natrium gemengt erhitzt und dadurch in schwefelsaures
Magnesium, Glaubersalz und Fluorwasserstoff zersetzt wird, welcher
letztere wieder zur Zersetzung von Glaubersalz verwendbar ist.
Hiernach werden alle zur Umwandlung des Kochsalzes in Soda dienen
den Materialien regenerirt und nur Kochsalz und Brennstoff wirklich
verbraucht. Nach dem Erfinder sollte der Aufwand an Apparaten,
Feuermaterial u. s. w. geringer sein, als bei dem Sodaprocess von Le
Blanc. — Als kürzeres Verfahren schlägt Weldon vor, Kochsalz
mittelst sauren schwefelsauren Natriums in der Glühhitze in Glaubersalz
und Salzsäure umzusetzen, das Glaubersalz in Wasser gelöst durch
Flusssäure in Fluornatrium und saures schwefelsaures Natrium zu
spalten und aus dem Fluornatrium die Flusssäure durch überhitzten
Wasserdampf wiederzugewinnen, wodurch zugleich als Endproduct
Weldon, Dingl. pol. J. CLXXXII, 228.