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Gruppe III. Chemische Industrie.
produoirt wurde, und fand sofort die Laboratoriumsversuche in der
Art bestätigt, dass eine viel geringere Quantität Salpetersäure für die
selbe Menge Schwefelsäure nöthig war. Beobachtet man ausserdem
noch die Vorsichtsmaassregel, dass man, wenn durch ein Versehen das
Volumgewicht der Kammersäure gefallen ist, dasselbe durch Zusatz
von Schwefelsäurehydrat wieder auf 1’7 Volumgewicht erhöht, so lässt
sich dadurch ein geringerer Verbrauch von 1 Kg Salpetersäure für
100 Kg Schwefel erzielen.
In den Chemical News 1 ) ist der Vorschlag P. W. Hofmann’s
von Gibbins, Peter Spence u. A. eingehend erörtert, 'dasVerfahren
auch in deutschen chemischen Fabriken bereits versuchsweise eingeführt
worden.
Winkler 2 ) veröffentlichte 1867 interessante Untersuchungen über
die chemischen Vorgänge in den Gay-Lussac’schen Condensations-
apparaten der Schwefelsäurefabriken. Es resultiren aus seinen Ver
suchen folgende Hauptsätze:
„a. Stickoxydgas wird nicht von Schwefelsäurehydrat absorbirt.
b. Die Vereinigung von Schwefelsäurehydrat mit salpetriger Säure
erfolgt lebhaft und unter Wärmeentwickelung; die Verbindung ist eine
innige, chemische, welche auch durch bedeutende Temperaturerhöhung
nicht gelöst, dagegen aber durch Zutritt von Wasser augenblicklich
aufgehoben wird. Es tritt diese Verbindung bei der Schwefelsäure
fabrikation in festem Zustande in den sogenannten Bleikammerkrystallen
auf; in gelöster flüssiger Form findet sie sich in der aus den Coaks-
thürmen des Gay-Lussac’schen Condensationsapparates abfliessenden
Schwefelsäure. Stickoxydgas und Sauerstoff vereinigen sich bei gleich
zeitiger Gegenwart von Schwefelsäurehydrat nicht wie gewöhnlich zu
Untersalpetersäure, sondern sie bilden salpetrige Säure auch bei Sauer
stoffüberschuss.
c. Untersalpetersäure ist im flüssigen wie gasförmigen Zustande
mit Schwefelsäurehydrat verbindbar, doch ist die Vereinigung, falls sie
überhaupt chemischer Natur sein sollte, eine sehr lose. Durch Er
hitzung wird dieselbe völlig aufgehoben und es entweicht hierbei die
Untersalpetersäure entweder im unveränderten Zustande, oder sie zer
legt sich in salpetrige Säure, welche mit der Schwefelsäure in chemische
Verbindung tritt, und in Sauerstoffgas, welches entweicht. Die Art der
Zersetzung ist vom Concentrationsgrade der angewendeten Schwefel
säure abhängig.
d. Schwefelsäure und Salpetersäure scheinen nur mechanische Ge
mische zu bilden, welche bei der Erhitzung in entweichende Salpeter
säure, Sauerstoffgas und in nitrose Schwefelsäure zerfallen.
p Chem. News 1870, 106, 132, 141, 164, 189, 200, 212, 224.
ler in dem Seite 154 citirten Werke.
2 ) Wink-