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Gruppe III. Chemische Industrie.
Die überschüssigen W asserdämpfe, denen reichliche Mengen Schwefel
wasserstoff und Kohlensäure beigemengt sind, werden durch einen
besonderen Schornstein mit einer geeigneten Feuervorrichtung zur
Verbrennung des Schwefelwasserstoffs aus den Recipienten entfernt.
Auf dem Wege dahin werden diese Dämpfe durch lange Röhren
leitungen geführt, welche das zu destillirende Gaswasser auf 50 bis 60°
vorwärmen. Ausser erheblicher Ersparniss an Brennmaterial wird
hierdurch noch der weitere Vortheil erreicht, dass sich aus dem Schwefel
wasserstoff die grössere Menge von Wasserdampf niederschlägt, was die
Verbrennung des Gases wesentlich erleichtert.
Die Jahresproduction der Fabrik von van der Eist und Matthes
beträgt etwa 1200 Tonnen Ammoniumsulfat.
Alle Fabriken, die Gaswasser in grösserem Maassstabe verarbeiten,
sind genöthigt, mit der grössten Sorgfalt die schädlichen Emanationen
zu überwachen, welche mit dieser Industrie unzertrennlich verbunden
sind.
Nicht nur erfahren, wenn geeignete Vorrichtungen fehlen, die Ad-
jacenten durch die massenhafte Entwickelung von Schwefelwasserstoff
eine empfindliche Schädigung, sondern auch die Arbeiter werden in
den Fabriken von heftigen Augenentzündungen heimgesucht.
Der Fortschritt nach dieser Richtung besteht wesentlich in der
Verbesserung der Brenner (zur Zerstörung des Schwefelwasserstoffs)
und der Construction von Schornsteinen mit erhöhter Zugkraft.
Die Compagnie parisien ne d’eelairage et dechauffage par
le gaz, welche in drei grossen Etablissements jährlich etwa 3000 Tonnen
Ammoniumsulfat und ausserdem grosse Mengen kaustischen Ammoniaks
producirt, hat die Vorrichtungen, welche sie zur sanitären Verbesserung
ihrer Werkstätten eingeführt hat, in einem besonderen Aufsatze be
schrieben !).
Als eine erhebliche Verbesserung müssen ferner noch die Sicherheits
ventile angeführt werden, welche neuerdings an keinem Destillirkessel
mehr fehlen. Obschon diese Apparate bei normalem Betriebe unter gerin
gem Drucke arbeiten, so können doch auf verschiedene Weise Verstopfun
gen in den Gasentbindungsröhren eintreten, welche leicht zu Kessel
explosionen Veranlassung geben, wie solche im Jahre 1867 in den
Etablissements von van der Eist & Matthes in Amsterdam und
Kunheim & Co. in Berlin vorgekommen sind. Durch Einführung
von Ventilen sind diese Gefahren ein- für allemal völlig beseitigt.
Anwendungen des Ammoniaks. Wie bereits erwähnt, hat
sich namentlich der Verbrauch von Ammoniumsulfat in der Landwirth-
*) Note relative aux divers produits et aux ouvrages exposes ä Vienne
par la Compagnie Parisienne.