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Cyanverbindungen.
Schwefelwasserstoff auf nassem Wege (durch in Wasser suspendirtes
Eisenoxydhydrat) gereinigt werden könnte. Das ammoniakalische
Wasser würde dann nachher Ferrocyanammon gelöst und grosse Mengen
Schwefeleisen suspendirt enthalten.
Wie gegenwärtig die industriellen Verhältnisse hegen, ist also
allerdings die Steinkohle unter den Rohmaterialien für Darstellung der
Cyan Verbindungen aufzuführen. Es ist aber schwer nachzuweisen, dass
das auf diesem Wege dargestellte Blutlaugensalz einen bedeutenden
Theil der gegenwärtigen Production ausmacht, Uebrigens wird noch
.durch einen anderen Industriezweig der Stickstoff der Steinkohlen für
die Fabrikation von Blutlaugensalz nutzbar gemacht und letzteres auf
diesem neuen, höchst originellen Wege, wenn auch in geringer Menge,
fabrikmässig gewonnen.
Die Firma Andrae & Grüneberg in Stettin hatte Blutlougen-
salz „aus dem Stickstoff der Steinkohle“ ausgestellt, welches sie (bereits
seit einer Reihe von Jahren) als Nebenproduct der Potaschefabrikation ge
winnt. Es ist schon lange beobachtet, dass die nach dem Leblaiic’schen
Process dargestellte Rohsoda reichlich Cyanverbindungen enthält; das
vor vielen Jahren ertheilte Patent, aus den Mutterlaugen durch Erkalten
das Ferrocyannatrium abzuscheiden, ist aber nie praktisch verweithet
worden, weil die leichte Eöslichkeit dieser Verbindung zu geringe Aus
heute gab, im Vergleich zu den Kosten, welche das Abkühlen der
Sodalaugen verursachte. Deshalb geschieht es, dass die Cjanverbin
düngen in den rothen Mutterlaugen Zurückbleiben und dort bei ( ei
Verarbeitung auf kaustische Soda durch Oxydation mittelst Salpeter
die Veranlassung zu der eigenthümlichen, häufig beobachteten Graphit
bildung geben. Die nach demselben Verfahren dargestellte Kalischmelze
liefert jedoch Laugen, welche die Abscheidung des gebildeten Ferro-
eyankaliums, da es schwer löslich ist, möglich machen und auf
diese Weise eine Ansammlung des Blutlaugensalzes gestatten. 1 •
Rudolf Grüneberg in Stettin hat zuerst dies Nebenproduct abge
schieden, andere Fabrikanten künstlicher Potasche gewinnen es jetzt
ebenfalls, haben jedoch zuweilen eine so geringe Cyanbildung beob
achtet, dass die Abscheidung nicht lohnend wird. Angeblich rührt
diese Verschiedenheit von der Beschaffenheit der Steinkohle her, die
zu der Mischung mit Sulfat und Kalk verwendet wird *).
Wenngleich, nun auch eine epochemachende Aenderung in der
Darstellung der Cyan Verbindungen nicht festzustellen ist, so sind doch
mannichfaltige Vorschläge zur Verwerthung von Stickstoff haltenden
i) Auch die kalihaltige Kohle, welche durch Eindampfen der bei der
Spiritusfabrikation aus Zuckermelasse erhaltenen Schlempe gewonnen und auf
Potasche weiter verarbeitet wird, enthält bedeutende Mengen Cyanka mm
(entstanden aus dem im Syrup enthaltenen Ammoniak und aus dem Stickstoff
gehalt der Hefe), dessen Abscheidung resp. Verwerthung ebenfalls von einigen
Fabrikanten versucht worden ist.