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Gruppe III. Chemische Industrie.
1 arbstoffe denselben den Farbstoff zu entziehen und mit adjeetiven
Farben nach vorhergegangener Beizung sich ebenso zu färben, wie es
die textile Faser thut; die Färbungen sind mindestens ebenso be
ständig, wie die der vegetabilischen Faser (der Baumwolle). Besonders
leicht vereinigen sich die Anilinfarbstoffe mit der Kieselsäure. Gut
ausgewaschenes Kieselsäurepulver färbt sich in Lösungen von Anilin
farben bald intensiv und behält die Färbung auch beim Waschen mit
Wasser. Erst kochendes Wasser oder starker Weingeist vermag die
halbe zu entfernen. Es lassen sich so durch Färben von amorpher
Kieselsäure mit Anilinfarben sehr schön gefärbte Pulver darstellen,
welche sich wohl zu Anstrich- und Tapetendruckfarben eignen.
Wichtiger noch als diese Anwendung ist die Benutzung der Kie
selsäure in der Färberei. Auf Faserstoffen, besonders auf Baumwolle,
welche die substantiven Farbstoffe nicht direct ohne Vorbereitung
aufnehmen, lassen sich diese und zumal die Anilinfarben mit Hilfe der
Kieselsäure leicht fixiren. Ein blosses Durchziehen durch eine Auf
lösung von Wasserglas genügt, der Baumwolle farbenanziehende
Eigenschaften zu geben. Noch besser treten diese hervor, wenn man das
Wasserglas in der Faser zersetzt, indem man die mit der Silicatlösung
getränkte Baumwolle in verdünnte Säure taucht, so dass die Faser sich
mit einem Niederschlag von Kieselsäure bedeckt. Wäscht man dann
gut aus und taucht die Baumwolle in die P arbstofflösung, so färbt sie
sich lebhaft und frisch und, was ausserordentlich wichtig für die tech
nische Anwendung ist, auch echter; die P'arben widerstehen Alkalien
und Seifenlösungen besser, als es bei Anwendung der vielfachen ande-
ien Beizmittel, namentlich des bei der Baumwolle meistens benutzten
Mordants, des Tannins, der Fall ist.
Die Kraft der Kieselsäure, Farbstoffe anzuziehen und festzuhalten,
ist auch in der Wollfärberei von grossem Nutzen. Die Wolle ist —
entgegengesetzt ihrem Verhalten gegen die übrigen Anilinfarbstoffe —
nicht im Stande, das Anilingrün aufzunehmen. Eine Passage durch
Wasserglas, Färben mit lauwarmer Anilingrünlösung und Durchziehen
durch eine Säure führt hier leicht zu dem gewünschten Ziele.
Auch mit adjeetiven Farben kann nach den Versuchen W.
Reimann’s die Kieselsäure gefärbt werden, da sie die verschiedenen
Mordants, wie essigsaure Thonerde, essigsaures Eisenoxyd, ganz in der
selben Weise aufnimmt, wie die vegetabilische Faser.
Dass es die Kieselsäure ist, welche die Farben fixirt und nicht
etwa geringe fremde Beimengungen, zumal Alkali — denn auch alka
lische Beizung vermag die Anilinfarben auf der Baumwolle zu fixiren —
hat W. ßeimann dadurch bewiesen, dass er alle auf Kieselsäure er
haltenen Färbungen auch auf Glas hervorgebracht hat, welches mit
P lusssäure angeätzt war. Hier ist die Möglichkeit, dass freies Alkali
zugegen sei, ausgeschlossen. Ist die Farbenanziehung der Kieselsäure