22 Deutschland auf der Wiener Weltausstellung 1873,
die Gallerietheile auf der Ostseite der Rotunde entzogen und durch eine
Quergallerie auf deren Westseite ersetzt, die weder die gleiche Gunst
der Lage noch die nämliche Grösse besass. So sehr sich Deutschland
im Vergleich mit den übrigen Nationen in der Maschinenhalle bevorzugt
sah, musste es doch im Industriepalaste die Folgen der Verweisung des
grössten Theiles seiner Ausstellung in die engeren und niedrigeren
Seitengallerien und ihrer räumlichen Beschränkung sehr nachtheilig
empfinden.
Dessenungeachtet hätte man sich, drei Monate früher, hierbei be
scheiden können. Damals wäre man in der Lage gewesen, zur Gewin
nung des nöthigen Raumes die angemeldeten Forderungen der Ausstel
ler ohne Rücksicht zu kürzen. Jetzt, wo die letzteren seit Monaten
einer Entschliessung entgegensahen, wo sie nach den Erfahrungen frü
herer Ausstellungen eine Abweisung ihrer Wünsche nicht mehr gewär-
tigten und wo vielfach die drängenden Arbeiten für die Ausstellung
bereits in Angriff genommen waren, erschien solches unmöglich. Ohne
ihr Zuthun fand sich die Centralcommission in eine Zwangslage ver
setzt, aus welcher nur durch die Beschaffung weiterer Räume ein Aus
weg gegeben war. Abermalige Verhandlungen mit dem Generaldirec-
tor der Ausstellung hatten nur in Betreff der Maschinenhalle einigen
Erfolg. Für Deutschland standen nunmehr in dem Industriepalaste
7762 qm, in der Maschinenhalle und den Erweiterungshallen zusam-
13 000 qm Bodenfläche zur Verfügung. Im Freien waren der Central
commission 32 856 qm Raum überwiesen. Der letztere bestand theils
in zwei, an die Rotunde sich anlehnenden Binnenhöfen, und zwei die
deutschen Quergallerien des Industriepalastes flankirenden Höfen, theils
sodann in dem zwischen dem Nordportale der Rotunde und dem Haupt
eingange der Maschinenhalle sich ausdehnenden stattlichen Platze und
musste durch die Gunst seiner Lage die Ungunst der übrigen Dispo
sitionen wieder ausgleichen.
Auf diesen Plätzen beschloss die Centralcommission den weiter
erforderlichen Raum durch eigene Bauten zu beschaffen. Ueber das
Bedenkliche eines solchen Unternehmens — die ungewöhnliche Höhe
der Kosten, die Schwierigkeit der Bauausführung selbst und die Un
möglichkeit, den Hauptbau in der architektonischen Wirkung zu errei
chen — half die Noth der Lage hinweg. Da der Centralcommission
für grössere Bauten keine Mittel zur Verfügung gestellt waren, so
musste sie das Unternehmen zunächst mit ihrer eigenen Verantwort
lichkeit decken, in der Erwartung, dass den lediglich zur Wahrung der
industriellen Interessen Deutschlands gefassten Beschlüssen die nach
trägliche Zustimmung der Reichsgewalten nicht werde versagt bleiben.
Zunächst wurde der zwischen dem Industriepalast und der Ma
schinenhalle belegene Platz für die Errichtung von vier Hallen bestimmt.
Auf der östlichen Seite sollten zwei Pavillons für die Bergwerks- und