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Deutschland auf der Wiener Weltausstellung 1873, 41
sich wieder zu dem ihrer Vermittelung bedürftigen Publicum. Dass
die Centralcommission in einer Zwangslage dringendster Art sich be
fand , war offenkundig. Bauten von sehr beträchtlichem Umfange
mussten binnen wenigen Monaten, in winterlicher Zeit, errichtet wer
den; der unverzügliche Beginn der Arbeiten war nöthig, sollte dies ge
lingen. In den misslichen Verhältnissen jener Zeit hat die Central
commission der Unterstützung der vaterländischen Industrie, zu deren
Ehre die Ausstellung hauptsächlich unternommen war, sich nicht zu
erfreuen gehabt. Die öffentliche Ausschreibung der Arbeiten fand in
den industriellen Kreisen entweder gar keine Beachtung oder aber sie
wurde zu dem Versuche benutzt, maasslose Preise zu erzwingen. Die
Centralcommission war entschlossen, eine derartige Ausnutzung ihrer
Nothlage unter keinen Umständen zu gestatten. Indem sie deshalb
die ihr zugegangenen Anträge ausnahmelos ablehnte, schlug sie den
Weg vertraulicher Vermittelungen ein, um geeignete Unternehmer zu
gewinnen. Ihre Bemühungen fanden in der Energie und dem Gemein
sinn von zwei Berliner Geschäften das gewünschte Entgegenkommen.
Der Bauunternehmer A. Heinel übernahm die Ausführung des grössten
Theiles der Bauten und das Fabrikgeschäft von J. C. PfafF erklärte
sich zur Lieferung der Mobilien bereit. Beide haben durch ihr that-
kräftiges Eingreifen zum Gelingen der Ausstellung in anerkennens-
werther Weise beigetragen.
In der zweiten Hälfte des October 1872 übergab der General"
director der Ausstellung den deutschen Beamten die zwischen dem
Mittelbau des Industriepalastes und der Maschinenhalle belegene, für
die grösseren Ergänzungshallen bestimmte Baustätte und unmittelbar
darauf wurden hier die Arbeiten in Angriff genommen. Ein sehr er
hebliches Hinderniss fanden dieselben in der Beschaffenheit des dem
Grundwasser der nahen Donau ausgesetzten Bodens. Man sah sich
nicht nur zu kostspieligen und langwierigen Aufschüttungen, sondern
auch zur Herstellung dichter, die Fundamente ersetzenden Pfahlroste
genothigt. Nur unter der ausnahmsweisen Gunst der Witterung und
mit Aufbietung aller Kräfte gelang es, die Bauten bis Mitte Mai des
nächsten Jalrres im Wesentlichen fertig zu stellen.
Die Bauten bildeten ein geschlossenes System grosser Hallen, ihrer
vorübergehenden Dauer gemäss in leichtem Stil, mittelst überall sicht
barer Holzconstruction, aufgeführt. Mittelhallen von 13 m Höhe und
Breite waren an den Längsseiten von niedrigen und schmalen Galle-
rien umgeben; jene wie diese empfingen ihr Licht von einer Keihe in
den oberen Wandflächen dicht an einander liegender Fenster. Zwischen
den beiden, auf der östlichen Seite des Bauplatzes belegenen, für das
Berg- und Hüttenwesen bestimmten Hallen wurde von dem grossen
Stahlwerk Friedrich Krupp bei Essen ein eigener Pavillon errichtet,
der, in gleichen Verhältnissen und gleichem Stil, beide Hallen ver-