Deutschland auf der Wiener Weltausstellung 1873. 73
Mag es an sich zweifelhaft sein, welcher Weg den Vorzug verdient,
wie in Wien die Dinge lagen, war die getroffene Wahl jedenfalls eine
glückliche - denn es wäre thatsächlich unmöglich gewesen, mit den
Juryarbeiten früher zu beginnen. Auch als zu dem festgesetzten Ter
min die Mitglieder des Preisgerichtes zahlreich und pünktlich eintrafen,
fanden sie eich für die ersten Tage in ein Chaos geworfen, welches einen
befriedigenden Ausgang der Arbeiten geradezu in Frage zu stellen
schien. Noch war der geschäftliche Mechanismus nicht festgestellt, in
welchem die Thätigkeit des Preisgerichtes sich bewegen musste, von
den Katalogen der einzelnen Ausstellungen waren erst wenige erschie
nen, auf einen Generalkatalog schien kaum Hoffnung zu sein und Ver
zeichnisse der Aussteller lagen nicht vor. Selbst die Bezeichnung der
Gegenstände in den Ausstellungsräumen war vielfach eben erst in An
griff genommen. Es bedurfte einer gewissen Resignation, um dessen
ungeachtet in die unabsehbare Arbeit einzutreten und vorerst auf all’
den unterstützenden Apparat zu verzichten, auf dessen Bereitstellung
Seitens der Generaldirection und der einzelnen Commissionen die Jury
ein Recht hatte zu hoffen.
In der deutschen Abtheilung konnten den Arbeiten der Jury als
bald die einzelnen Theile des deutschen Katalogs zu Grunde gelegt
werden. Es wurde deshalb vielfach mit der Prüfung deutscher Aus
stellungsgegenstände begonnen.
28.
An die Arbeiten der grossen, aus sehr verschiedenen Elementen
zusammengesetzten Jurykörper knüpfen sich vielfache Sorgen. Ein
Theil seiner Mitglieder, von früheren Ausstellungen her noch nicht in
die Geschäfte eingeführt, entbehrt der Orientirung über seine Aufgaben
und Pflichten. Andere, der Bedeutung der von ihrer Thätigkeit beein
flussten Interessen nur flüchtig gedenkend, finden darin eben nicht
einen zur ernsten Betheiligung anregenden Reiz. In der raschen und
zersplitterten Arbeit der grossen, zum Urtheilen berufenen Schaar wird
die Durchführung gleichmässiger Grundsätze in allen Gebieten der Aus
stellung schwer und Widerspruch in den Ausgangspunkten wie in den
Ergebnissen der Prüfung kaum vermeidlich. Hier liegt in der An
regung und Belehrung, in der Vermittelung und Beaufsichtigung die
wichtige und discrete Aufgabe der Ausstellungscommissionen während
des Laufes der Berathungen.
Es traf Mancherlei zusammen, was der deutschen Commission
schwer machte, in dieser Richtung allen begründeten Anforderungen
gerecht zu werden. Nach den Jury Vorschriften war die Commission in
der Lage, durch Delegirte an den Verhandlungen mit berathender