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Gruppe VIII. Holz-Industrie.
ment heischenden Bautheilen zurückgewichen. Eingelegte Arbeit
atte den glatt gewordenen Säulenschaft umsponnen, hatte auf das
Capital den Schmuck des vom Gebälk niedergebogenen Blattkelches,
aui das Akroterion die Palmette gemalt: entschiedene Stilwidrigkei
ten, vor deren Nachahmung uns Deutsche glücklicherweise schon die
unerschwingliche Kostbarkeit eingelegter Arbeit auf gebogenen Flächen
bewahrt. Wie es nun für die neue englische Manier nahe gelegen
hatte, bei missbräuchlicher Anwendung der eingelegten Arbeit, dieser
durch Gravirung oder Nebeneinandersetzen verschiedener, eine Schat-
tirung andeutender Farben zu annähernd plastischer Wirkung zu ver
helfen, so hatte man auch weiteren Missbrauch getrieben mit dein, Gra-
viren der Elfenbemeinlagen auf den Flächen selbst, deren Ornamente
nicht selten durch allersorgsamste, subtilste Gravirung schattirt er
schienen, als wären sie nicht Fläche, sondern greifbare Erhabenheiten.
Die Stilwidrigkeiten nach beiden Richtungen waren erklärlicherweise
um so. entwickelter, je mehr die Kostbarkeit eines Möbels zum Raffine
ment in der Technik herausgefordert hatte. Schöneres war öfter er-
remht worden, wo die geschilderte Richtung von der Rücksicht auf
Verkäuflichkeit der Möbel nach englischen Durchschnittsverhältnissen
in engeren Grenzen gehalten worden.
Im Zusammenhang mit der häufigen Intarsia war auch das Stre
ben nach farbiger Behandlung des Möbels in der englischen Abteilung
sehr auffallend. b
Die geschilderte Richtung der englischen Möbelindustrie geht im
Wesentlichen parallel mit der Vorliebe für die allerdings sehr frei be
handelten lormen der italienischen Renaissance des 15. und 16. Jahr
hunderts. Daneben Anläufe zu neuen Decorationsstilen, saft- und kraft
lose Ausgeburten grauer Theorie — wie das Owen Jon es’sehe Mo
biliar bei Jackson & Graham —, aber auch sehr gesunde, wenngleich
noch etwas trockene Ansätze zu solider Entwickelung der Möbelformen
aus schremermässig structiven Elementen.
Wie in der französischen Abtheilung handelte es sich in der eng
lischen fast ausnahmslos um Möbel eines hochentwickelten Luxus, von
zum Theil ganz erstaunlich hohen Preisen, welche die der theuersten
Pariser Arbeiten bei Weitem überschritten. Ein einziger Aussteller.
Cooper & Holt, hatte vollständige Einrichtungen für Wohn-, Lese-
und Arbeitszimmer nach bürgerlichem Zuschnitt, desgleichen für die
beschränkteren Mittel englischer Arbeiter, endlich für die besonderen
Bedürfnisse der englischen Kinderstube eingesandt. Diese Einrichtun
gen aber waren, mit Ausnahme der letzteren, welche eine (allerdings
auch nicht immer zugängliche) Nebenstube im Pavillon des kleinen
Kindes füllten, in den Bureaus der britischen Regierungscommission
Beschauern vollständig entrückt, oder in dem entlegenen Schuppen der